Kölner Islamexperte zum Gesprächsabbruch von AfD und Zentralrat der Muslime

Vergleichsgrenze

Die AfD lässt nach nicht erfolgter Rücknahme des Vergleichs mit dem Dritten Reich den Dialog mit dem Zentralrat der Muslime platzen. Doch Thomas Lemmen aus dem Erzbistum Köln kann den Vergleich der Muslime nachvollziehen.  

Handshake war gestern / © Kay Nietfeld (dpa)
Handshake war gestern / © Kay Nietfeld ( dpa )

Der Referent für Interreligiösen Dialog im Erzbistum Köln, Thomas Lemmen, zeigte sich enttäuscht über den Gesprächsabbruch der Vertreter von AfD und Zentralrat der Muslime. Lemmen hatte auf eine Verständigung gehofft. "Aber es war vielleicht unrealistisch, das zu erwarten", sagte er am Montag im domradio.de-Interview.

Lemmen: Pauschale Diskreditierung einer Religionsgemeinschaft

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland hatte Vertreter der islamkritischen Partei eingeladen, darunter die AfD-Vorsitzende Frauke Petry. Die Partei fordert ein Verbot von Minaretten, Muezzin-Rufen und Vollverschleierung. Im AfD-Parteiprogramm heißt es wörtlich: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland."

"Indem man das sagt, grenzt man 4,5 Millionen Muslime in Deutschland aus", sagte Lemmen, "sie sind Teil dieser Gesellschaft". Wo es Probleme gebe, könne man sie nicht allen Muslimen zu Last legen. "Eine Religionsgemeinschaft als Ganze zu diskreditieren, ist in der Tat problematisch", wertete der Islamexperte des Erzbistums Köln. Er könne deshalb Vergleiche der Zentralratsvertreter zur NS-Zeit nachvollziehen.

"Wer solche Behauptungen aufstellt, nämlich ganze Religionsgemeinschaften pauschal zu diskreditieren, muss sich eine solche Kritik und einen solchen Vergleich gefallen lassen und auch damit auseinandersetzen", sagte Lemmen. Laut dem Islamexperten hätte das Gespräch von Zentralrat und AfD dazu dienen können, "Dinge anders zu formulieren oder anders zu sehen". Ob der Vergleich zum Dritten Reich klug gewählt gewesen ist, sei eine andere Frage, "aber aus Sicht der Minderheit, kann ich es verstehen", so Lemmen.

Mazyek fühlt sich an "dunkelste Geschichte" erinnert

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, hatte nach dem Scheitern des Gesprächs mit der AfD erklärt: "Dass eine deutsche Partei in ihrem Programm ganz offiziell Position gegen eine der Religionsgemeinschaften unseres Landes bezieht, das hat uns mehr als bestürzt". Es erinnere an die "dunkelste Geschichte des Landes". Mazyek hatte vor einem Monat bereits gesagt, zum ersten Mal seit Hitler-Deutschland gebe es eine Partei in Deutschland, die eine ganze Religionsgemeinschaft diskreditiere und sie existenziell bedrohe.

AfD-Parteichefin Frauke Petry hatte nach dem Gesprächsabbruch mit dem Zentralrat der Muslime erklärt, dass ein sachlicher Dialog nicht möglich gewesen sei. Im Mittelpunkt stand nach Darstellung beider Seiten der Wunsch des Zentralrats, dass die AfD ihre Forderungen etwa nach einem Minarett-Verbot zurücknimmt. Petry wies diese Forderung zurück. Weiterer Dissens bestand laut Petry bei der Forderung der AfD, Mazyek solle seinen aufgestellten Vergleich zwischen der AfD und der NSDAP zurücknehmen. Die Vertreter des Zentralrats hätten die Alternative für Deutschland in die Nähe des Dritten Reichs gerückt. Das sei inakzeptabel. Deshalb habe man das Gespräch beendet.

Die AfD-Vorsitzende Petry erklärte nach dem Gespräch: "Der Islam selbst und seine Glaubensvertreter müssen merken, dass ihr Glaube im siebten Jahrhundert steckengeblieben ist." Er passe nicht "in ein demokratisches Europa und nicht in ein demokratisches Deutschland." Grundlage des Islam seien eben die Scharia und der Koran. Davon könne auch der Zentralrat nicht abrücken.

Weitere Gespräche nicht ausgeschlossen

Mazyek appellierte an die demokratischen Parteien, die AfD nicht zu kopieren oder sie nachzuahmen. Gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur KNA sagte er: "Einige Oberen in den Parteien haben insgeheim Angst wie das Kaninchen vor der Schlange vor der AfD und meinen, sie müssen irgendwie was Ähnliches machen." Bei der AfD "handelt es sich aber nicht einfach um ein Spektakel, hier geht es um Gedanken und Vorstellungen, die sind nicht einfach nur krude, die sind verfassungsfeindlich." Dabei gehe es ihm nicht in erster Linie um Muslime oder den Islam, hier "geht es um unsere Republik, ob sie sich radikal in die eine gefährlich-falsche Richtung bewegt, oder nicht."

Sowohl Petry als auch Mazyek schlossen weitere Gespräche nicht aus.

"Wir werden unsere Bemühungen um gesellschaftlichen Frieden verstärken", so Mazyek. Petry betonte, sie sei nach wie vor an einem Dialog "auf Augenhöhe" interessiert. Es sei allerdings am Zentralrat, diese Augenhöhe wiederherzustellen.


Quelle:
DR , KNA , epd , DR