Kölner Dompropst zu möglichem Silvester-Volksfest am Dom

"Guter Ansatz - schwer umsetzbar"

Sie soll anders und sicher werden: die kommende Silvesternacht in Köln. Die Planer haben nun die Idee eines Volksfestes am Dom ins Spiel gebracht. "Ein guter Ansatz - aber schwer umsetzbar", so urteilt der Kölner Dompropst Gerd Bachner.

Kein Silvester-Volksfest am Kölner Dom / © Marcel Kusch (dpa)
Kein Silvester-Volksfest am Kölner Dom / © Marcel Kusch ( dpa )

domradio.de: Wie bewerten Sie das - ein großes, kommerzielles und friedliches Volksfest zu Silvester am Kölner Dom? Ist das eine gute oder eine schlechte Idee?

Dompropst Gerd Bachner: Eine Bewertung halte ich nicht für angebracht, denn dazu müsste ich ein Konzept kennen. Ich habe gelesen, dass der Presse das Konzept vorliegt. Aber seitens des Domes haben wir weder einen Antrag noch eine Information, so dass ich kein Detailkonzept kenne. Aber im Detail entscheidet sich vieles. Deswegen möchte ich keine Bewertung abgeben. Grundsätzlich ist der Gedanke, friedlich da Silvester zu feiern, wo es im vergangenen Jahr die großen Probleme gegeben hat, ein guter und richtiger Ansatz. Theologisch könnte man sagen, dass das Böse vertrieben wird, indem wir das Gute wirken und leben. Wenn Menschen in einer angemessenen Weise in der Domumgebung miteinander den Jahreswechsel feiern, dann ist das grundsätzlich positiv. Aber ob das an dieser Stelle angesichts der weiteren Fragen, die zu berücksichtigen sind, angebracht ist, hängt von einer genauen Durchsicht des Konzeptes ab.

domradio.de: Es ist in den Zeitungen zu lesen, dass es rund um den Dom auf dem Roncalliplatz eine Kirmes geben soll. Die Menschen kommen dann von außerhalb extra deswegen hierhin. Sehen Sie darin ein Problem, dass unter Umständen zu viele Menschen rund um den Dom sind?

Bachner: Wenn etwas rund um den Dom geschieht, dann wird es ja - auch wenn es keine Polizeikontrollen gibt  - dennoch Kontrollen seitens der Veranstalter geben müssen. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass am Silvestertag etwas stattfindet, wo es keinen freien Zugang zum Dom gibt. Wir haben Pilger, wir haben Gottesdienstbesucher, wir feiern die Jahresschlussmesse mit unserem Kardinal, wir haben Beichtzeiten. Das alles ist zu bedenken, und es muss von daher zu jeder Zeit ein freier Zugang zum Hauptportal des Domes gewährleistet sein. Wenn es ein Fest rund um den Dom geben sollte, dann könnte ich mir vorstellen, dass dieser freie Zugang zumindest gefährdet wäre. Zudem ist für die Gottesdienstzeiten ein gewisses Maß von Ruhe notwendig. Wenn hier etwas rund um den Dom Kirmes- und Volksfestcharakter bekommt, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass für anderthalb Stunden auf einmal das große Schweigen eintritt. Das sind für mich die zwei wesentlichen Fragen dabei, ob ein Volksfest am Silvesternachmittag in dieser Weise mit dem kompatibel ist, was im Dom geschieht.

domradio.de: Aber die Lärmbelästigung ist doch ein grundsätzliches Problem. Im vergangenen Jahr sind während des Gottesdienstes draußen Böller abgeschossen worden. Das ist ja auch nicht ideal, oder?

Bachner: Schön, dass Sie das ansprechen. Der Kardinal sagte schon beim Einzug zum Silvestergottesdienst im vergangenen Jahr, dass man immer früher am Tag anfangen würde, Böller abzufeuern. Das hat die Gottesdienstbesucher und den Zelebranten erheblich gestört und war unangemessen, was die eucharistische Wandlung betrifft. Das alles muss man mit berücksichtigen. Wir haben ja auch aus den Erfahrungen von Silvester und verschiedenen Demonstrationen rund um den Dom gelernt. Ich habe vor Kurzem mit dem Polizeipräsidenten und seinen Mitarbeitern und dem Domdechanten zusammengesessen. Dabei haben wir überlegt, wie wir einerseits Demonstrationen und Veranstaltungen im Domumfeld abhalten können und andererseits dafür Sorge tragen, die Religionsausübung in Freiheit zu ermöglichen. In diesem Kontext werden wir uns weiter beraten. Das sind alles Punkte, die weiß ein Veranstalter für ein Festival nicht, aber diejenigen, die hier die Verantwortung tragen, wissen darum und sind in einer guten Weise auch bereit, diesen Weg mitzugehen.

domradio.de: Ein halbes Jahr sind die Silvester-Vorfälle jetzt her. Man sieht inzwischen mehr Polizei am Dom, am Karneval wurde die Domumgebung hell erleuchtet. Was ist ihr Eindruck? Hat sich das Umfeld des Doms seit Silvester verändert?

Bachner: Ich höre von vielen Menschen auf der Domplatte und am Hauptbahnhof, dass sie sehr dankbar für eine solche Polizeipräsenz sind. Es existiert ja keine Absperrung, es gibt keine Gitter, sondern nur eine physische Präsenz der Polizei. Ich glaube, dass das schon ein wenig abschreckt. Sie schreckt auch Taschendiebe ab, ein Problem, das wir in der Innenstadt immer wieder haben. Auf die Sicherheit, das höhere Gut, wirkt die Polizeipräsenz auf die Menschen beruhigend. Mir selbst geht das auch so. Hin und wieder gehe ich zu einem Polizisten und sag schon mal: "Herzlichen Dank, dass Sie da sind."

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Quelle:
DR