Kölner Domkantor blickt auf Südafrika-Reise zurück

"Es war unbeschreiblich"

Kultur, Landschaft und Musik. Der Mädchenchor am Kölner Dom war in den letzten Wochen in Südafrika unterwegs. Domkantor Oliver Sperling berichtet von unbeschreiblichen Erlebnissen, auch wenn nicht immer alles glatt gelaufen ist.

Mädchenchor am Kölner Dom (Archiv)
 / © Beatrice Tomasetti (DR)
Mädchenchor am Kölner Dom (Archiv) / © Beatrice Tomasetti ( DR )

DOMRADIO.DE: Sie sind am Sonntag zurückgekommen und heute geht die Schule wieder los. Hatten die Mädchen eine Sondergenehmigung, ausschlafen zu dürfen?

Oliver Sperling (Domkantor und Leiter des Mädchenchores am Kölner Dom): Die haben sie nicht. Schon auf dem Rückweg waren die beschäftigt und haben per E-Mail ihre Stundenpläne bekommen, jedenfalls in der Oberstufe. Sie sind auch sehr gespannt, was da jetzt passiert. Aber sie haben zwei Tage chorfrei.

Oliver Sperling / © Beatrice Tomasetti (DR)
Oliver Sperling / © Beatrice Tomasetti ( DR )

DOMRADIO.DE: Die Reise hat mit Hindernissen begonnen, oder?

Sperling: Ja, so war es. Wir sind in Zürich gestrandet, weil in Frankfurt die Abwicklung nicht funktioniert hat. Wir haben fast zwei Stunden Verspätung gehabt und hatten noch Hoffnung, den Anschlussflieger nach Johannesburg zu bekommen.

Aber das hat nicht geklappt und so waren wir in der Nacht in drei Gruppen aufgeteilt und im Hotel untergebracht. Zwei Gruppen sind dann über Dubai nach Johannesburg geflogen und eine Gruppe direkt.

Das heißt, das erste Konzert in Pretoria haben wir mit 22 von 39 Sängerinnen gesungen. Aber alles ist gut gegangen.

DOMRADIO.DE: 2019 waren Sie schon mal in Südafrika. Warum jetzt eine neue Reise?

Sperling: Die Kontakte bestehen im Augenblick noch durch einen Kollegen. Professor Martin Berger, früher mal Domkapellmeister in Würzburg, ist in Düsseldorf an der Hochschule und auch in Stellenbosch Professor. Er pendelt etwas zwischen den Welten. Weil dieser Kontakt noch frisch war, haben wir gesagt, wir wollen das nach Corona irgendwie möglich machen, diesen Kontakt aufrecht zu halten.

Dann haben wir ein caritatives Engagement für "Hope Cape Town", wo unser Domdechant Robert Kleine involviert ist, der jetzt mit den Jungs auf Tour war. Wir sind natürlich immer in Kontakt und wir konnten dort auch eine Spende übergeben. Sehr vielseitig also. Dieser Kontakt wurde gehalten und auch der Kontakt zu vielen Chören, die wir dort getroffen haben.

DOMRADIO.DE: Und dann haben Sie acht Konzerte gegeben. In welchem Rahmen?

Oliver Sperling

"Sich auf so einem hohen Niveau zu begegnen ist traumhaft."

Sperling: Vollkommen unterschiedlich. In Konzertsälen zum Beispiel. Zum Schluss waren wir im Hugo Lamprecht Auditorium, das ist in einem Stadtteil von Kapstadt ein großer Konzertsaal. Dort haben wir mit zwei Chören gesungen, unter anderem dem Stellenbosch University Chamberchoir, den Martin Berger auch leitet. Dann haben wir alleine gesungen, sehr speziell im Kloster Marianhill in den Drakensbergen, wo sehr viele Deutsche aus Durban gekommen sind, österreichische Reisegruppen und die Schwestern selbst, die dort waren.

Und häufig haben wir mit anderen Chören, mit Kinder- und Jugendchören gesungen. Das war toll. Das erste Konzert war mit einem Mädchenchor an einer Schule in Pretoria. Die sind kurz nach unserem gemeinsamen Konzert Preisträger geworden. Sich auf so einem hohen Niveau zu begegnen ist traumhaft.

Die Jugendlichen sind unkompliziert. Mit Englisch geht das wirklich super gut. Die sprechen viel besser Englisch als ich und kommen schnell in Kontakt, was ich aber auch tue und auch sehr gerne tue.

DOMRADIO.DE: Mit Jungen haben Sie auch gesungen?

Oliver Sperling

"Für andere Chöre, denen es nicht so gut geht, ist das die einzige Möglichkeit, in Kontakt mit unserer europäischen Chorkultur zu kommen."

Sperling: Ja, das war natürlich ein Highlight. Das erste Konzert, wo alle wieder versammelt waren, war in den Drakensbergen beim Drakensberg Boys Choir. Es war unbeschreiblich, was da abgegangen ist. Das ist schon ein Privileg, überhaupt in deren Format zu singen. Sie singen jeden Mittwoch um 15 Uhr ein Konzert, wo Reisebusse anreisen.

Die Bude ist immer voll. Die machen ein eher klassisches Programm im ersten Teil. Diesen Programmteil haben wir gut 35 Minuten lang alleine gesungen, quasi als Opener. Dann kamen die Boys. Wir haben vorher durch eine Probe eine Kontaktaufnahme gehabt. Im zweiten Teil haben sie typisch südafrikanische Musik gesungen, quer durch die unterschiedlichen Kulturen, in unterschiedlichen Sprachen.

Als das Konzert zu Ende war, sind wir zu einem Foto zusammengekommen. Dann konnte ich etwas initiieren und da ging die Post ab. Die haben Nummern ausgetauscht. Die Handys sind allgegenwärtig, was manchmal eine Last ist, aber für die Kommunikation dort ganz hilfreich.

Für andere Chöre, denen es nicht so gut geht, ist das die einzige Möglichkeit, in Kontakt mit unserer europäischen Chorkultur zu kommen. Die werden nie zu uns kommen können, weil es so teuer ist. Auch wenn es bei uns mit den Flügen doppelt so teuer war wie 2019, ist es für uns doch eher möglich. Dieser Austausch ist so immens wichtig, sowohl für uns, um wieder geerdet zu werden, als auch für die Südafrikaner, um unsere Kultur auch mal mitzubekommen.

DOMRADIO.DE: Aber es wurde nicht nur gesungen, es gab auch Workshops, oder?

Sperling: Das Tolle in den Workshops war nicht, dass wir versuchen, unsere europäische Kultur beizubringen, sondern hauptsächlich, dass wir etwas gelernt haben. Wir haben Songs gelernt. Dort funktioniert es nicht wie bei uns mit Noten, mit einem Sheet, das wir alle haben, weil wir so vieles vergessen, sondern die Chöre dort singen alles auswendig. Keiner hat Noten in der Hand und sie beherrschen das auch.

Das haben wir beigebracht bekommen. Das ist auditives Lernen. Man muss aufpassen, es können. Das hat sehr viel Spaß gemacht. Die Mädchen haben im Bus und an allen Orten diese Songs gesungen. Man hat immer mehr dazugelernt.

DOMRADIO.DE: Die Rückreise hat am Ende auch geklappt?

Sperling: Die hat tatsächlich geklappt und zwar sehr unproblematisch, was sehr angenehm war.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Mädchenchor am Kölner Dom

Der Mädchenchor am Kölner Dom wurde 1989 durch Domkapellmeister Prof. Eberhard Metternich gegründet und wird seit 1996 von Domkantor Oliver Sperling geleitet. Ausgehend von der musikalischen Gestaltung der Gottesdienste im Kölner Dom hat sich der Mädchenchor zu einem der renommiertesten und profiliertesten Kathedralchöre Europas entwickelt. Annähernd zweihundert junge Sängerinnen im Alter von 9 bis 19 Jahren singen, lernen, leben und glauben miteinander.

Vor dem Lockdown sang im Chorgebet der Mädchenchor am Kölner Dom / © Beatrice Tomasetti (Kölner Dommusik)
Vor dem Lockdown sang im Chorgebet der Mädchenchor am Kölner Dom / © Beatrice Tomasetti ( Kölner Dommusik )
Quelle:
DR