Kölner Caritasverband zur Rekord-Inflationsrate

"Inflation trifft alle und die Armen am stärksten"

Die Inflationsrate im Euro-Raum ist nach einer Schätzung des europäischen Statistikamts im Juni auf 4 Prozent gestiegen - den höchsten Stand seit Gründung der Währungsunion 1999. Welche Folgen kommen auf unsere Gesellschaft zu?

Leere Geldbörse / © Doucefleur (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Inflation in Deutschland - wer ist am stärksten betroffen?

Andreas Sellner (Caritas im Erzbistum Köln): Inflation trifft immer alle Bürger. Aber am stärksten betroffen sind natürlich die Schwächsten der Gesellschaft - Geringverdiener, Hartz-IV-Empfänger.

DOMRADIO.DE: Welche Auswirkungen hat die Teuereungsrate ganz konkret?

Sellner: Für Empfänger von Arbeitslosengeld 2 und Sozialhilfe ist gerade schlicht keine Arbeit da. Und aufgrund ihrer Qualifikationen und ihrer Vermittlungshemnisse haben sie im Moment eine längere Zeit, die sie unverschuldet mit einem sehr knappen Budget leben müssen - einem Budget, das eigentlich nur für einen kurzen Zeitraum bemessen ist. Und dieses Budget wurde seit 1961 immer nur minimal aktuellen allgemeinen Erhöhungen - zuletzt um 1,1 % - angepasst. Jeder, der die Grundrechenarten beherrscht, kann sich ausrechnen, was eine Inflationsrate von 4 % für diese Menschen bedeutet.

DOMRADIO.DE: Welche Nöte erleben die Menschen denn konkret?

Sellner: Früher hatte man den Warenkorb. Da konnte man noch relativ gut identifizieren, was hinter den 351 Euro Sozialhilfe steckt: zum Beispiel nur eine Rolle Klopapier - mehr braucht man natürlich nicht, wenn man nur wenig isst. Dann war da eine viertel Kinokarte inbegriffen! Zumutbar für Erwachsene - für Kinder aber ist das furchtbar. Grundsätzlich erhalten Kinder und Jugendliche viel zu wenig Unterstützung, in Anbetracht dessen, was sie brauchen: Essen und Ernärhung in Zeiten des Wachstums, Geld für Klassenfahrten, Geld für einen Schwimmbadbesuch.

DOMRADIO.DE: Welche Maßnahmen sind nötig und möglich, damit Geringverdiener in Zukunft einigermaßen gut über die Runden kommen können?

Sellner: Als Caritas haben wir da eine eindeutige Meinung: Der Regelsatz muss um 20 % aufgestockt werden. Insbesondere der Satz für Kinder. Außerdem muss die Steigerung des Regelsatzes analog zu der des Rentesatzes ein Ende haben. Und als Drittes muss sichergestellt werden, dass alle von solchen Leistungen abhängige Menschen weiter am sozio-kulturellen Lebene teilnehmen können.