In Köln wird immer häufiger nach der Schuld für die Einsturzkatastrophe gefragt

Suche nach zweitem Vermissten

Rettungskräfte haben in den Trümmern des eingestürzten Kölner Stadtarchivs in der Nacht zu Montag die Suche nach dem zweiten Vermissten mit Hochdruck fortgesetzt. Unterdessen wird die Frage nach der Schuld der Katastrophe immer häufiger gestellt.

Autor/in:
Manfred Rey
 (DR)

Es wird vermutet, dass die Unglücksursache im Zusammenhang mit dem U-Bahn-Bau steht. Nach Einschätzung der Ingenieurkammer NRW hätte der Einsturz womöglich verhindert werden können. Früher in dem Gebäude aufgetretenen Risse seien nicht auf ihre Ursachen hin überprüft worden.

Nachdem in der vergangenen Nacht die Rettungskräfte zunächst einen 17-jährigen Bäcker-Lehrling tot geborgen hatten, gilt die Suche nun einem vermissten 24-jährigen Design-Studenten. Die beiden jungen Männer hatten sich zum Unglückszeitpunkt am Dienstag in Dachgeschosswohnungen der angrenzenden Häuser aufgehalten, die mit dem Einsturz des Stadtarchiv-Gebäudes ebenfalls zu großen Teilen zusammenfielen.

Bei der Suche nach dem Vermissten sind seit Sonntagabend drei Leichenspürhunde eingesetzt, die die Spürhunde abgelöst haben. Diese suchten nicht mehr nach Lebenden, sagte der Feuerwehrsprecher. Sie hätten die ganze Nacht über jedoch nicht angeschlagen. Die von der Einsturzstelle abgeräumten Trümmer werden nun am Rande des Geländes genauestens untersucht, um Hinweise auf den noch vermissten Studenten zu erhalten.

Auch die Bergung der verschütteten Archivalien dauert laut Feuerwehr untermindert an. Auf dem Unglücksgelände seien die Nacht über insgesamt rund 150 Kräfte tätig gewesen, darunter 40 Feuerwehrleute, 70 Mitarbeiter des Technischen Hilfswerkes sowie zahlreiche Archivare.

Nach Angaben der Ingenieurkammer NRW wurden die in dem Stadtarchiv vor der Katastrophe aufgetretenen Risse nicht auf ihre Ursachen hin überprüft. "Da hätte man mehr tun müssen und dann wäre man irgendwann drauf gekommen, da bewegt sich was, da tut sich was in der Erde", sagte der Vizepräsident der Kammer und Sachverständige für Gebäude-Statik, Heinrich Bökamp.

Im Kölner Stadtarchiv waren den Angaben zufolge bereits Ende 2008 bis zu vier Zentimeter breite Risse entdeckt worden. Den Empfehlungen eines von der Stadt dazu in Auftrag gegebenen Gutachtens zu weiteren Untersuchungen seien Stadt und Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) jedoch nicht gefolgt, sagte Bökamp.

Auch der Kölner Geotechniker Josef Steinhoff kritisierte die Kontrollen beim Bau der Kölner U-Bahn. "Man hätte die Qualitätsstandards bei einer solchen Baugrube höher gestalten können", sagte er. Weltweit übliche Messverfahren, die die Dichtigkeit der abstützenden Betonwände überprüfen können, seien nicht angewandt worden.

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