Köhler warnt vor Qualitätsverlust und Schleichwerbung in Medien

Der Presserat wird 50

 (DR)

Bundespräsident Horst Köhler hat zum 50-jährigen Bestehen des Deutschen Presserates vor Qualitätseinbußen und zunehmender Schleichwerbung in deutschen Medien gewarnt. Journalisten und Verleger sollten sich vornehmen, die Qualität im deutschen Journalismus zu steigern, weil dies für das Land gut sei, sagte Köhler am Montag in Berlin bei einem Festakt zum Jubiläum des Selbstkontrollorgans für Zeitungen und Zeitschriften. Der Presserat überreichte Köhler eine Neufassung des Pressekodex, in dem ethische Maßstäbe für die Arbeit von Journalisten festgehalten sind.

Köhler mahnt Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt
Geändert wurden unter anderem Regeln zur Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt und zur Berichterstattung über Straftaten. Bei Berichten über Eigenmarketingaktionen wie etwa Gewinnspielen oder Leserreisen, die das Eigeninteresse von Verlagen berühren, muss dieses in Zukunft kenntlich gemacht werden. Bei Berichten über Straftaten dürfen geständige Täter nun auch vor einer Verurteilung als Schuldige - etwa als "Betrüger" - benannt werden. Bislang waren auch bei vorliegendem Geständnis nur Formulierungen wie "mutmaßlicher Betrüger" erlaubt.

Der Bundespräsident begrüßte, dass im neuen Pressekodex der Grundsatz der Trennung von Werbung und Redaktion schärfer gefasst worden sei.
Er warnte vor der Bedrohung der journalistischen Unabhängigkeit durch Schleichwerbung. "Ein Journalismus, der bloß noch zur Garnierung oder vielleicht sogar zur Tarnung von Werbebotschaften dient, der hat sich selbst aufgegeben", so Köhler.

Köhler warb zudem dafür, journalistische Grundsätze über nationale Grenzen hinweg zu erörtern. Ziel müsse sein, so etwas wie Maßstäbe für einen Welt-Journalismus zu definieren. Ein ethisch fundierter Journalismus könne viel dazu beitragen, dass die Kulturen und Religionen der Welt einander mit mehr Respekt begegneten.

Eine freie Presse gehöre zum unverzichtbaren Kern einer freiheitlichen Demokratie, betonte der Bundespräsident. Der Presserat nütze nicht nur den Interessen der Presse, sondern sei auch Anwalt der offenen Gesellschaft und derer, die zu Opfern der freien Presse würden. Die Pressefreiheit sei eine "Freiheit, die sich bindet, indem sie sich selbst Grenzen setzt".

Pressevertreter fordern mehr Aktivität vom Rat
Der Geschäftsführer der WAZ-Mediengruppe, Bodo Hombach, wies in einer anschließenden Podiumsdiskussion darauf hin, dass das Internet bislang völlig ungeregelt sei. Auch der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer AG, Mathias Döpfner, bezeichnete es als "gespenstisch", wie das Internet aus der Selbstkontrolle ausgeklammert werde.

Die Chefredakteure der Wochenzeitung "Die Zeit" und der Berliner "Tageszeitung", Giovanni di Lorenzo und Bascha Mika, forderten mehr Aktivität vom Presserat. Dieser solle häufiger von sich aus Beschwerdeverfahren in Gang setzen, sagte Mika. Das Gremium sei "besser als nichts", meinte di Lorenzo. Aber es gebe eher zu wenig Kontrolle der Medien als zu viel.

Die Journalistenorganisation Netzwerk Recherche übte Kritik am Pressekodex. Die «eigentlich selbstverständliche Trennung von PR und Journalismus» sei im Kodex nicht umgesetzt, erklärte die Organisation am Montag. Die Deutsche Journalisten-Union (dju) hingegen forderte, den Pressekodex in der Journalistenausbildung zu verankern. Dies bedeute einen «präventiven Schutz gegen fahrlässige Regelverstöße».