Koalitionsspitzen beschließen zweites Konjunkturpaket - 50 Milliarden Euro für Entlastungen und Investitionen vorgesehen

Milliarden für die gute Stimmung

Die große Koalition hat sich am Abend auf das zweite Konjunkturpaket geeinigt. Dabei sind auch Entlastungen bei Steuern und Abgaben geplant. Der Beitrag zur Krankenversicherung soll um 0,6 Prozent sinken. Davon profitieren sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber. Außerdem wurde ein großes Investitionsprogramm verabschiedet. Geplant ist auch ein Kinderbonus.

Autor/in:
Nadine Schimroszik und Mey Dudin
 (DR)

Aus Koalitionskreisen erfuhr die Nachrichtenagentur ddp, dass auch ein «Kredit- und Bürgschaftsprogramm» für notleidende Unternehmen aufgesetzt werde. Damit hat sich offenbar die Forderung nach Staatsbeteiligungen an Firmen nicht durchgesetzt.

Geplant sind im zweiten Konjunkturpaket den Angaben nach unter anderem 18 Milliarden Euro Investitionen in die kommunale Infrastruktur und eine gleichhohe Summe für Entlastungen bei Steuern und Abgaben. Kauder zufolge beginnen die Maßnahmen am 1. Juli dieses Jahres, zusammen mit der Erhöhung der Renten. Es sei beschlossen worden, den Eingangssteuersatz von 15,0 auf 14,0 Prozent zu senken. Das verringere die sogenannte kalte Progression. Der Grundfreibetrag soll Koalitionskreisen zufolge auf rund 8000 Euro angehoben werden.

Der Beitrag zur Krankenversicherung werde um 0,6 Prozentpunkte auf dann 14,9 Prozent reduziert, hieß es weiter. Nach Angaben von CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sorgen diese Maßnahmen für eine «ordentliche» Entlastung der Beitragszahler. Sie erhöhten die Kaufkraft und kurbelten die Nachfrage an.

Vorgesehen sind ferner Maßnahmen im Arbeitsmarktbereich. Kauder zufolge wird Kurzarbeit länger möglich sein. Geplant ist laut Struck auch ein einmaliger Kinderbonus von 100 Euro pro Kind. Zudem einigte sich der Koalitionsausschuss dem SPD-Fraktionschef zufolge auf eine einmalige Abwrackprämie für alte Kraftfahrzeuge in Höhe von 2500 Euro, wenn die Besitzer ein neues Auto kaufen.

Kauder und Ramsauer erklärten, dass sie eine Schuldengrenze für den Haushalt beschließen wollen. Es müsse eine Rückführung der Verschuldung vereinbart werden.

Das Konjunkturpaket soll laut Struck so «schnell wie möglich» beschlossen werden. Das Kabinett solle nächste oder übernächste Woche darüber beraten. Der Bundestag könne sich dann bis Mitte Februar mit dem Programm befassen. Der Bundesrat werde gebeten, in einer Sondersitzung darüber zu entscheiden. Struck versicherte, dass die Atmosphäre auf dem Koalitionstreffen «ok» war.

Kritik und Lob
FDP-Chef Westerwelle reichen die Koalitionsbeschlüsse nicht aus. Der Bundesregierung fehle «der Mut, die Bürger spürbar zu entlasten». Die durchschnittliche Steuerentlastung, die von der Koalition vorgesehen sei, werde bei einem normalen Haushalt gerade bei 10 oder 15 Euro im Monat liegen. «Es ist albern zu glauben, mit so banalen Beträgen die Konjunktur stabilisieren zu können», fügte der FDP-Vorsitzende hinzu. «Nur wenn den Bürgern auf Dauer wieder deutlich mehr im Portemonnaie bleibt, werden wir den konjunkturellen Absturz verhindern.»

CDU-Haushälter Steffen Kampeter bezeichnet das Maßnahmenbündel als «Konfettipolitik». Er sei skeptisch, ob diese «uns langfristig auf den richtigen Kurs bringt», sagte er am Montagabend.

Auch der Wirtschaft gehen die Beschlüsse nicht weit genug. «Noch in dieser Legislaturperiode muss die Unternehmensbesteuerung nachgebessert werden», forderte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Martin Wansleben. Konkret verlangte er von Union und SPD, «substanzbesteuernde Regelungen» wie die sogenannte Zinsschranke oder die Beschränkung der Verlustverrechnung kurzfristig auszusetzen und anschließend «langfristig nachzujustieren».

Der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Hanns-Eberhard Schleyer, dringt abenfalls auf Korrekturen bei der Unternehmensteuer, eine Absicherung der betrieblichen Bündnisse für Arbeit sowie eine Vereinfachung der KfW-Förderprogramme. «Vor allem aber steht mit der Umsetzung des Bildungsgipfels ein wichtiges Vorhaben aus der laufenden Legislatur noch aus», sagte Schleyer.

Der Bundesverband des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA) verlangte, «Restriktionen bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen zumindest vorübergehend auszusetzen». BGA-Präsident Anton Börner nannte dafür einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren. Außerdem forderte er die Abschaffung des Solidaritätszuschlags.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund nannte das Konjunkturpaket ein Hoffnungssignal für Städte und Gemeinden, aber auch für die Wirtschaft. Die vorgesehenen 17 bis 18 Milliarden Euro für Investitionen von Kommunen und Länder seien eine große Chance, endlich die maroden Schulen energetisch zu sanieren sowie Gebäude und Straßen in einen besseren Zustand zu bringen, erklärte Städtebund-Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. Die Länder seien nun gefordert, kommunale Investitionen zu unterstützen.