Kluitmann befürwortet Ende des Pflichtzölibats bei Priestern

"Ehelosigkeit hat Vor- und Nachteile"

Lange hat es in der katholischen Kirche verheiratete Priester gegeben, meint die Franziskanerin Katharina Kluitmann. Dass ein Berater des Papstes nun eine Aufhebung des Zölibats fordert, überrascht sie nicht. Vieles spräche dafür.

Katharina Kluitmann / © Julia Steinbrecht (KNA)
Katharina Kluitmann / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie haben sich ausgiebig mit dem Zölibat auseinandergesetzt im Synodalforum "Priesterliche Existenz heute". Sie leben selber als Ordensfrau ehelos. Warum haben Sie und eine große Mehrheit beim Synodalen Weg dem Papst eine Überprüfung der Zölibatsvorschriften empfohlen? 

Sr. Dr. Katharina Kluitmann OSF (Franziskanerin und Teilnehmerin des Synodalen Wegs): Ich habe überhaupt nichts gegen Ehelosigkeit. Ich lebe sie selber und ich lebe sie gerne. Ich habe dafür, dass ich ehelos leben will, Jobs, Dienste, Berufe in Kauf genommen. Beim Priester ist es aber genau umgekehrt. Der wählt einen Beruf und daran hängt die Ehelosigkeit. Und das ist das Problem. Ordensleute bekommen eine viel bessere Rückmeldung im Normalfall auf ihre Ehelosigkeit. Ehelosigkeit hat natürlich Vor- und Nachteile, wie eine Ehe auch. Aber es steckt immer so ein bisschen der Verdacht dahinter, dass man das nur in Kauf genommen hat. Und das ist nicht gut. 

Die Forderung zur Aufhebung des Pflichtzölibats flammt immer wieder auf / © Harald Oppitz (KNA)
Die Forderung zur Aufhebung des Pflichtzölibats flammt immer wieder auf / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Der maltesische Erzbischof von Papstberater Charles Scicluna hat sich in einem neuen Interview für die Abschaffung des Pflichtzölibats für Priester ausgesprochen. Dass sich ein Erzbischof und Berater des Papstes jetzt öffentlich dafür ausspricht, hat Sie das in der Deutlichkeit überrascht? 

Kluitmann: Im Moment überrascht mich wenig. Ich kann nicht über jedes Stöckchen springen, was Rom hinhält. Ich verstehe gar nicht, dass das so ein Aufreger ist. Wir haben eben ganz lange in der Kirche verheiratete Priester gehabt und wir haben auch heute auf der Welt verheiratete Priester, auch in den orthodoxen Kirchen. Und wir haben ja sogar in den katholischen Ostkirchen und sogar in der römisch-katholischen Kirche verheiratete Priester. Das ist gar nicht so ein Riesending. Von daher darf das ruhig mal wieder jemand sagen. Und irgendwann kommts ja vielleicht. 

Schwester Katharina Kluitmann

"Ich verstehe gar nicht, dass das so ein Aufreger ist."

DOMRADIO.DE: Pfarrer haben eine hohe Arbeitsbelastung mit vielen Abendterminen. Ist es da nicht besser, wenn Sie sich ohne eigene Familie voll auf ihr Gebetsleben und die Arbeit als Seelsorger konzentrieren können? 

Kluitmann: Früher hat man das über Lehrerinnen gesagt, die durften nicht heiraten. Ein Landarzt, ein Polizist, ein Betreuer hat auch viel Arbeit. Es steckt so ein bisschen drin, dass Ehe schlechter ist und weniger Hingabe an den Herrn Jesus bedeutet. Das kann ich nicht so richtig nachvollziehen. 

DOMRADIO.DE: Priestermangel aufgrund des Zölibats bedeutete im Umkehrschluss vielleicht auch, dass die Laien mehr Verantwortung übernehmen. Also positiv gesehen schützt der Zölibat als Zugangsbeschränkung vielleicht vor einer Über-Klerikalisierung der Kirche? 

Kluitmann: Ich glaube nicht. Es täte dem Priesteramt gut, wenn es von unterschiedlichen Menschen, also Verheirateten und nicht Verheirateten, gerne auch Frauen ausgeübt würde. Und das würde diese Überhöhung, die eben einen leichten sexualfeindlichen Touch hat, ein wenig wegnehmen. 

DOMRADIO.DE: Ein Argument gegen die Abschaffung des Pflichtzölibat ist auch der Vergleich mit der evangelischen Kirche. Pfarrer dort dürfen heiraten, aber der Mitgliederschwund ist im Grunde genauso. Also was gewänne die katholische Kirche, wenn der Pflichtzölibat endete? 

Schwester Katharina Kluitmann

 "Das würde diese Überhöhung, die einen leichten sexualfeindlichen Touch hat, ein wenig wegnehmen."

Schwester Kluitmann: Der Synodale Weg spricht sich nicht für die Aufhebung des Pflichtzölibats aus, um den Mitgliederschwund aufzuheben, sondern um des Zeugnisses Willen; des Zeugnisses des Priesteramtes, des Zeugnisses der Ehelosigkeit. Wegen der Frage der Missbrauchsanfälligkeit, weil Leute denken, das ist eine gute Nische, da fragt mich keiner nach meiner Sexualität. Ich glaube, es würde der Authentizität helfen. Was die Mitglieder machen, ist dann eine zweite Frage. 

DOMRADIO.DE: Zuletzt war es die Segenserlaubnis für die Liebe gleichgeschlechtlicher Paare, jetzt ist es der Vorstoß des maltesischen Bischofs. Agiert Papst Franziskus seit dem Tod seines Vorgängers reformfreudiger? 

Kluitmann: Ich könnte mir vorstellen, dass ihm seine eigene Endlichkeit bewusst wird und er jetzt ein paar Dinge noch tun möchte. Ich finde wichtig, dass nicht einzelne Männer im Vatikan plötzlich irgendwas in die Welt pusten, sondern dass wir, so wie der Synodale Weg das gebeten hat, das auf der Weltsynode gemeinsam besprechen. 

Das Interview führte Tobias Fricke.

Zölibat

Das Wort "Zölibat" kommt von dem lateinischen Ausdruck caelebs, was so viel bedeutet wie ehelos. Der Begriff "Zölibat" bezeichnet die von Priestern und Mönchen zahlreicher Religionen geforderte Ehelosigkeit und den Verzicht auf jede Form der sexuellen Betätigung. Begründet wird der Zölibat in erster Linie mit dem Hinweis darauf, dass Jesus Christus selbst ehelos war und die Ehelosigkeit "um des Himmelreiches willen" für diejenigen empfahl "die es erfassen können" (Mt 19,12).

Zölibat: Debatte dauert an / © Katharina Ebel (KNA)
Zölibat: Debatte dauert an / © Katharina Ebel ( KNA )
Quelle:
DR