Klimaforscher: Kirchen sollen sich für ökosoziale Reformen engagieren

Bewahrung der Schöpfung

Die Kirchen in Deutschland sollten sich nach Ansicht des Klimaökonomen Ottmar Edenhofer stärker politisch für den Klimaschutz engagieren. Die Bewahrung der Schöpfung müsse wieder mehr im Fokus stehen.

Eisbären: Vom Klimawandel bedroht / © DB Greenpeace (dpa)
Eisbären: Vom Klimawandel bedroht / © DB Greenpeace ( dpa )

Ihren Anspruch, die Schöpfung zu bewahren, verwirklichten die Kirchen in Deutschland "höchstens in Einzelfällen", sagte der Ökonom Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und Leiter des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change der "tageszeitung". Nötig seien aber nicht nur Ökostrom und Fahrräder, sondern gesellschaftliches Engagement "wie der Einsatz für eine ökosoziale Steuerreform", sagte er und forderte "Perspektiven für eine kirchliche Lobbyarbeit".

Christen müssten Klimaschützer sein, es sei nicht gleichgültig, ob die Erde aus Gier zerstört oder mit Umsicht für die kommenden Generationen bewahrt werde, sagte Edenhofer, der katholische Theologie studiert hat und Mitglied des Jesuitenordens war. Mit Blick auf die katholische Kirche sagte er: "Wenn man den Anspruch nimmt, den die Enzyklika 'Laudato si' von Papst Franziskus formuliert, bleiben die Kirchen in ihrem Alltag weit dahinter zurück."

Globale Perspektive für viele neu

Zwar wachse in vielen Gemeinden das Interesse, aber die globale Perspektive sei vielen neu. "Dass wir unseren Kindern und den Menschen in den Entwicklungsländern Schaden zufügen, wenn wir Auto fahren, heizen oder das Licht einschalten, das ist schwer zu verstehen und schwer zu akzeptieren."

In der sozialen Frage hätten die Kirchen in den 1950er und 1960er Jahren Reformoptionen im Kapitalismus formuliert wie die Mitbestimmung in Unternehmen, eine Rentenreform oder die Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand. "Es wäre gut und sehr wichtig, wenn es eine ähnliche Stimme der Kirchen auch bei Klima, Umwelt und dem ökosozialen Umbau der Industriegesellschaft gäbe", sagte Edenhofer.

Spannungen zwischen Kirche und grüner Bewegung

Von der katholischen Kirche werde das Klimathema als ein Thema der grünen Bewegung wahrgenommen, und das Verhältnis zwischen beiden sei belastet. Das liege an den grundsätzlich unterschiedlichen Positionen zu Familie, Frauenrechten, Abtreibung, Emanzipation und Sexualität.

Viele konservative Christen hätten den Eindruck, das Öko-Thema sei ein trojanisches Pferd, um die Haltung der Kirchen zu diesen Themen zu verändern, sagte Edenhofer.


Prof. Dr. Ottmar Edenhofer, Chefökonom am Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung. / © Wolfgang Kumm (dpa)
Prof. Dr. Ottmar Edenhofer, Chefökonom am Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung. / © Wolfgang Kumm ( dpa )
Quelle:
epd