"Maria 2.0" ruft zum "Kirchenstreik" auf

Kleine Initiative wächst zu bundesweiter Protestwelle

Sie fordern eine Reform der Kirche, wünschen die Gleichstellung von Mann und Frau und prangern die Missbrauchsskandale an - eine kleine Initiative findet deutschlandweit Mitstreiterinnen beim "Kirchenstreik".

Autor/in:
Anna Franziska Veyhelmann und Andreas Otto
Frauen wollen in "Kirchenstreik" gehen / © Harald Oppitz (KNA)
Frauen wollen in "Kirchenstreik" gehen / © Harald Oppitz ( KNA )

Es hat ganz klein angefangen: Fünf Frauen von Heilig Kreuz in Münster finden sich nicht damit ab, dass Ämter in der katholischen Kirche nur Männern vorbehalten sind - und haben für den 11. bis 18. Mai zu einem "Kirchenstreik" aufgerufen. Mit ihrer Initiative "Maria 2.0" kämpfen sie angesichts des Missbrauchsskandals für eine Erneuerung der Kirche und für andere Machtstrukturen.

Inzwischen hat sich daraus eine bundesweite Protestwelle entwickelt: Die Aktionswoche gegen eine männerdominierte Kirche findet an zahlreichen anderen Orten Nachahmerinnen. Eine genaue Zahl kann Mitinitiatorin Lisa Kötter nicht nennen, schätzungsweise nähmen an der "Graswurzelaktion" aber mehrere hundert Initiativen teil. Auch international gibt es Resonanz.

Selbst organisierte Gottesdienste vor den Kirchen

Von Samstag bis Samstag sollen Frauen kein Gotteshaus betreten und keine ehrenamtlichen Dienste verrichten. Stattdessen gibt es vielerorts selbst organisierte Gottesdienste vor den Kirchen. Mit ihren Anliegen reiht sich "Maria 2.0" in die Proteste der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) ein.

Im Dezember hatte sie die Aktion "#MachtLichtAn" gestartet, um Solidarität mit Missbrauchsopfern zu zeigen. Auch beim Frühjahrstreffen der Bischöfe in Lingen demonstrierten rund 300 Frauen medienwirksam für eine entschiedenere Aufklärung und für Reformen in der Kirche.

Die Initiative "Maria 2.0", die auch vom Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB) unterstützt wird, wendet sich zusätzlich in einem offenen Brief direkt an Papst Franziskus. Auch darin beklagen die Frauen die Missbrauchsfälle sowie deren Vertuschung durch Amtsträger.

Ihr Hauptanliegen ist aber, dass sich die Ämterstruktur in der Kirche ändert. "Frauenlob wird gerne von Kirchenmännern gesungen, die aber allein bestimmen, wo Frauen ihre Talente in der Kirche einbringen dürfen", heißt es in dem Brief: "In ihrer Mitte dulden sie nur eine Frau: Maria. Auf ihrem Sockel. Da steht sie. Und darf nur schweigen." Stattdessen solle Maria - stellvertretend für alle Frauen - in die Mitte gerückt werden: "als Schwester, die in die gleiche Richtung schaut wie wir".

Erzbischof Burger zeigt Verständnis

Auf der Homepage von "Maria 2.0" sind zahlreiche Presseberichte über Aktionen vor Ort. In Freiburg etwa plant eine Gruppe von Katholikinnen am Sonntag eine Demo für mehr Gleichberechtigung - parallel zur Priesterweihe im Dom. Wenn Bischöfe und Priester aus dem Gottesdienst kommen, werden sie von Frauen in roten T-Shirts und mit Protestplakaten gegen eine "männlich-klerikale Kirche" empfangen.

Freiburgs Erzbischof Stephan Burger bekundete Verständnis dafür, dass Frauen frustriert seien, von der Weihe zu Diakoninnen oder Priesterinnen ausgeschlossen zu sein. Doch er sieht derzeit keinen Spielraum, die kirchenrechtlichen Vorschriften zu ändern.

In Münster soll es am Sonntag ebenfalls eine zentrale Mahnwache auf dem Domplatz geben zu Themen wie Missbrauch, Zölibat, Frauenweihe und Sexualmoral. Münsters Bischof Felix Genn wollte sich zum Kirchenstreik nicht äußern, wies aber auf den Beschluss der Bischofskonferenz hin, die Themen Macht, Sexualmoral und priesterliche Lebensform in einem Synodalen Weg aufzugreifen.

Streik stößt auch auf Kritik

Der Kirchenstreik stößt aber auch auf Kritik. So warnte der Kurienerzbischof und Privatsekretär des emeritierten Papstes Benedikt XVI., Georg Gänswein, davor, eine neue Kirche erfinden zu wollen und an ihrer DNA herumzuschrauben. Das Forum Deutscher Katholiken rief die Frauen auf, ihren Verband zu verlassen und eine "eine neue glaubenstreue Organisation" zu gründen.

Konservative Internetportale betonten, dass die Forderung von "Maria 2.0" dem Schreiben "Ordinatio sacerdotalis" von Papst Johannes Paul II. widerspreche. Dort sei endgültig festgelegt, dass die Kirche keine Vollmacht habe, Frauen zu Priestern zu weihen.

Solche Einwände kontert die Initiative auf ihrer Facebook-Seite. Zudem heißt es dort, es wäre schön, "wenn die alten weißen Männer in Rom sich nicht immer nur Gedanken um ihre Kirche machen müssten". Dann bekämen sie "vielleicht das Herz frei für die Sorge um den Glauben und dass er gelebt und geliebt wird".


Maria Flachsbarth (KNA)
Maria Flachsbarth / ( KNA )
Quelle:
KNA