Klaus der Geiger und Marius Peters widmen neue CD der Tangomusik

Gemeinsame Liebe zu Piazzolla

Klaus der Geiger gilt als einer der bekanntesten Straßenmusiker. Jetzt hat er sich mit einem vielfach ausgezeichneten Gitarristen Marius Peters zusammengetan - sie verbindet die Liebe Astor Piazzollas. Daraus ist eine CD entstanden.

Klaus der Geiger (DR)
Klaus der Geiger / ( DR )

domradio.de: Mitgebracht haben Sie die neue CD Piaddolla. Ihr Programm umfasst vor allem aber die revolutionäre argentische Tangomusik Astor Piazzollas. Wer ist Astor Piazzolla für Sie?

Klaus der Geiger (Musiker und Liedermacher): Astor Piazzolla ist ein fantastischer Bandoneon-Spieler (ähnlich der Ziehharmonika, Anmerk. der Redaktion) aus Argentinien, der bei Nadia Boulanger in Paris Komposition studiert hat. Er hat eine sehr interessante Art von Musik gemacht, allerdings hauptsächlich für Bandoneon. Er ist auch auf seinem Instrument ein sehr berühmter Virtuose gewesen und ist mit seiner Band in Montreux auf dem Jazz-Festival aufgetreten. Er hat wirklich ganz fantastisch-schöne Stücke gemacht, meistens Tango-mäßig, Tango Nuevo.

domradio.de: Er hat die klassische Tango-Musik revolutioniert, weil er sie ein bisschen freier interpretiert hat, als das damals üblich war. Das haben ihm auch viele übel genommen. Machen Sie das in dieser Art heute auch so?

Klaus der Geiger: Wir machen keine reinen Piazzolla-Sachen. Wir mischen das immer ganz lustig daher. Es sind ein paar Lieder von mir dabei, es sind ein paar Jazz-Stücke vom Marius dabei und so geht das hin und her, damit das Volk sich nicht langweilt, wenn sie die CD gekauft haben. Und das zusammenzustellen ist gar nicht so einfach.

domradio.de: Marius Peters. Sie sind Gitarrist, haben den Bachelor of Music von der Hochschule für Musik und Tanz in Köln gemacht. Wie sind Sie an Piazzolla gekommen?

Marius Peters (Kölner Gitarrist): Ich habe früher mit klassischer Musik angefangen. Ich habe zwölf, dreizehn Jahre tatsächlich nur klassische Musik gespielt und bin auch zu Wettbewerben gefahren. Zu einem Wendepunkt kam es bei mir, als ich das erste Mal die Musik von Django Reinhardt gehört habe. Über den bin ich zum Jazz gekommen.

domradio.de: Warum ist Astor Piazzolla mit seiner Tangomusik so interessant für Sie beide?

Peters: Er hat viele Parts für Improvisationen drin gelassen und das machen wir auch. Das heißt, wir spielen die Stücke nicht eins zu eins, wie sie sind. Sondern wir bauen mal am Anfang eine Improvisation rein, dann am Schluss wieder und jedes Mal sind die Stücke ein bisschen anders. Deshalb war uns auch ganz wichtig, dass wir eine Live-CD aufnehmen und nicht vier, fünf Tage ins Studio gehen und perfekte Aufnahmen von diesen Werken einspielen. Das wäre auch gar nicht so unser Ding. Deshalb auch dieser Titel "Piaddolla", es ist keine reine Astor Piazzolla-CD, sondern sie hat noch einen Touch von etwas anderem, eine Verflechtung von ein paar humoristischen Sachen, aber auch ernsten Themen.

domradio.de: „Ein Veteran und ein Bachelor of Music haben sich gefunden“ steht auf dem Zettel in der CD. Fragt man sich natürlich, wie haben Sie sich gefunden?

Peters: Uns trennen ja doch so ein paar Jährchen. Es gibt ein Stück, welches auch auf unserer CD zu finden ist, das ist unser Kennenlern-Stück: Ein wunderschöner Bossa Nova, ein Jazz-Standard mit dem Titel "Black Orpheus".

domradio.de: Orpheus aus der Unterwelt?

Klaus der Geiger: Ja, aber das ist Black Orpheus von dem Film Orpheo.

Peters: Ein sehr schöner Liebesschnulzen-Film aus den 60er Jahren. Das war damals die Titel-Musik dazu.

domradio.de: Und basiert nicht auf Piazzolla?

Peters: Das hat damit gar nichts zu tun. Das sind unsere Einflüsse, die wir mit reinbringen. Bei mir ist das der Jazz und beim Klaus sind es die Lieder. Nun verbinden wir das. Dieses Stück hab ich auf unserem Abschlusskonzert in Köln aufgeführt. Vor uns hat eine große Rockband gespielt . Wir kamen zu zweit mit Chansons im Gepäck und wir dachten, oh Gott, wir sind völlig fehl am Platz.

Aber jetzt waren wir nun mal da, sind auf die Bühne gegangen und haben gesagt, so, jetzt spielen wir. Und siehe da: Das Südstadt-Publikum hat uns nicht im Stich gelassen.

domradio.de: Und Klaus kannten Sie da noch nicht, also Sie waren dort mit Ihrer Band?

Peters: Da kannte ich ihn noch nicht. Ich kannte natürlich seinen Namen, aber hatte noch nicht mal ein Bild im Kopf. Da kam Klaus plötzlich mit einem anderen Geiger auf die Bühne – sie spielten und tanzten um uns herum. Nach diesem Konzert kamen wir dann ins Gespräch.

Danach kam ein Anruf von Klaus mit der Ansage: So, wir müssen mal die Musik von Astor Piazzolla ausprobieren. Das wollte er schon immer mit Gitarre zusammen machen.

domradio.de: Einen Song, der ziemlich raussticht auf der neuen CD Piaddolla ist "Steckt mich nicht ins Heim". Gab es da ein Schlüsselerlebnis diesen Song zu schreiben?

Klaus der Geiger: Klar. Ich bin ja schließlich 76 Jahre alt. Da kommt man schon so langsam in das Alter, wo die Sache mit dem Heim auf mich zukommt, wie auf uns alle. Da macht man sich halt seine Gedanken. Und so kam dieser Song zustande. "When I’m 64" von den Beatles ist ja auch über einen alten Menschen.

Und da dachte ich mir: Ach, da machst du mal einen anderen Text drauf. Der ist dann ziemlich autobiografisch geworden.

domradio.de: Was hält Sie so fit mit 76?

Klaus der Geiger: Ich glaube schon, der Sinn des Lebens, mit dem ich mich meistens beschäftige und auch eine sinnvolle Arbeit zu verrichten. Das ist kaum voneinander zu trennen bei mir und das ist natürlich großartig.

domradio.de: Was ist der Sinn des Lebens für Sie?

Klaus der Geiger: Na ja, ich kämpfe für Gerechtigkeit.

domradio.de: Was heißt das?  

Klaus der Geiger: Schon als kleines Kind bin ich im Grunde genommen krank geworden an Ungerechtigkeiten und so ging das mein Leben lang immer weiter. Gegen solche Dinge kämpfe ich und dafür möchte ich auch am liebsten einstehen. Ich weiß aber genau, dass ich kein Engel bin. Und der liebe Gott weiß das ja auch.

Das Interview führte Tommy Millhome.


Quelle:
DR