Klaraglocke im Kölner Dom aufgehängt

Nummer 12 ist einsatzbereit

Das Kölner Domgeläut ist um eine Stimme reicher. Am Montag wurde die Klaraglocke in den Vierungsturm des Domes hochgezogen und montiert. Sie bildet als zwölftes Instrument künftig die Klangkrone der Domglocken.

Autor/in:
Jan Hendrik Stens
Die zwölfte Glocke des Kölner Doms schwingt zum ersten Mal / © Hannah Ellebracht (DR)
Die zwölfte Glocke des Kölner Doms schwingt zum ersten Mal / © Hannah Ellebracht ( DR )

"Ziehet, ziehet, hebt! Sie bewegt sich, schwebt", heißt es in Friedrich Schillers 'Lied von der Glocke' kurz vor dem Schluss. Am Montagmorgen schwebt auch hoch über dem Vierungsgewölbe des Kölner Domes die kleine Klaraglocke. Julius Maas von der Firma 'Eifeler Glockenservice' und sein Mitarbeiter Stefan Krest haben oben im Vierungsturm einen Flaschenzug installiert, mit dem die 70 kg schwere Glocke die letzten Meter an ihren endgültigen Bestimmungsort hochgezogen wird. "Das ist im Prinzip an unserer Arbeit das A und O: Wie kriege ich mein Material hoch? Und hier oben lässt es sich ja arbeiten wie auf einer anderen Baustelle auch", beschreibt Maas seine Arbeitsroutine.

Julius Maas vermisst den Glockenstuhl / © Jan Hendrik Stens (DR)
Julius Maas vermisst den Glockenstuhl / © Jan Hendrik Stens ( DR )

Mit dem Kölner Dom ist der Glockengießermeister und seine Familie seit Generationen eng verbunden. Sein Großvater Hans August Mark und seine Mutter Cornelia Mark-Maas haben noch 1998 die Josephsglocke, die jüngste des Domes, gegossen. Vom Klang genau dieser Glocke wurden Maas und Krest auch empfangen, als sie am frühen Morgen am Kölner Dom eintrafen und es zur Kapitelsmesse läutete. "Das ist natürlich schön, das ist Heimat", lacht der 31-jährige Maas. Doch in der 'Eifeler Glockengießerei' in Brockscheid werden schon seit Jahren keine Glocken mehr gegossen. Julius Maas ist zwar Glockengießermeister, hat aber, da die Aufträge in diesem Gewerbe stetig weniger werden, auf Zulieferung von Zubehör sowie Wartung von Glocken und Geläuteanlagen umgesattelt.

400 Jahre alte Glocke mit Verschleißspuren

So hat er sich auch um die Wiederaufhängung der nun kleinsten Kölner Domglocke gekümmert. Diese wurde 1621 gegossen und befindet sich seit dem vorletzten Jahrhundert im Besitz des Domes. Zuletzt hing sie der Witterung ausgesetzt an der östlichen Außenseite des Südquerhaushochdaches, wo sie Anfang der 80er Jahre abgenommen wurde und im Depot des Domes verschwand. Nun soll sie zum 100. Geburtstag der Petersglocke einen neuen Platz im Vierungsturm finden.

Die Klaraglocke steht in einem der Transporter bereit / © Jan Hendrik Stens (DR)
Die Klaraglocke steht in einem der Transporter bereit / © Jan Hendrik Stens ( DR )

Julius Maas bekam den Auftrag, die Klaraglocke dafür wieder fit zu machen, was aber auch mit einigen Herausforderungen verbunden war. "Die Glocke ist schon sehr alt und hat demnach auch gewisse Verschleißspuren." Am Schlagring innen, wo der Klöppel anschlägt, ist die Glocke bereits stark abgenutzt. "Es gibt nicht mehr viele Stellen, wo der Klöppel anschlagen kann oder soll." Daher hat Maas die Glocke um 45 Grad gedreht an das hölzerne Joch montiert. Das war aber auch nicht einfach, da die Klaraglocke eine spezielle Krone hat, erklärt der Fachmann weiter. "Die Krone besteht nur aus zwei Henkeln, was das Ganze natürlich nicht so einfach macht wie bei einer Glocke mit sechs Henkeln, wo man das Joch drehen kann, wie man will." – Maas ist sich aber sicher, dass die Glocke stabil hängt und problemlos läuten kann.

Leise Klänge hoch oben über der Kölner Altstadt

Die letzten Meter bis zu ihrem Bestimmungsort gleitet sie fast geräuschlos per Flaschenzug in die Höhe, wieder begleitet vom Läuten der Josephsglocke im Südturm, die zur nächsten Messe im Dom ruft. Ein sicherlich gutes Omen für das Gelingen der Montage. Und tatsächlich, bereits am späten Vormittag ist es dann soweit: Durch den Lärm der Baustelle vom benachbarten Dom-Hotel und den Trubel der Passanten klingen leise die ersten Töne der neuen Nummer 12 des Domes – kaum wahrnehmbar, aber doch präsent.

Dompropst Guido Assmann überzeugt sich gleich am nächsten Morgen vom Ergebnis der Arbeit und freut sich über den Zuwachs im Kölner Domgeläut: "Die Zahl 12 ist eine wunderbare biblische Zahl und diese Glocke hat eine Geschichte in der Stadt Köln. Sie jetzt wieder einfügen zu dürfen in dem Jahr, in dem der 'decke Pitter' 100 Jahre alt wird, ist ein wunderbares Gefühl. Ich freue mich schon, wenn dann mal demnächst das Vollgeläut zu hören ist."

Durch großzügige Spende ermöglicht

Möglich geworden ist die Wiederaufhängung nicht zuletzt durch eine großzügige Spende des Kölner Architekten Kaspar Kraemer und seiner Familie. Kraemer hat sein Architekturbüro am Römerturm genau an der Stelle, wo sich das alte Klarissenkloster befand, aus welchem möglicherweise die Klaraglocke stammt.

Welche liturgischen Aufgaben die Klaraglocke in Zukunft erfüllen wird, steht noch nicht genau fest. Dompropst Assmann sieht den Einsatz dieses Instruments auch weniger solistisch, wie es früher als Brand- oder Kapitelsglocke der Fall war. "Sie wird sich in die Musik des Gesamtgeläutes einfügen und da hat jeder Ton seine eigene Aufgabe." – Doch bis es soweit ist, wird es noch ein paar Wochen dauern, denn erst muss die Läutemaschine eingebaut werden, mit der die Klaraglocke per Knopfdruck aus der Sakristei des Domes ein- und ausgeschaltet werden kann.

Quelle:
DR