"Kirchentag Mensch und Tier" nur schwach besucht

Kaum Interesse

Die Enttäuschung lässt sich nicht verbergen. Alles ist vorbereitet, wie bei großen Katholiken- oder Protestantentreffen. Eine Bühne, leistungsstarke Lautsprecher und mit Prinzessin Maja von Hohenzollern auch etwas Prominenz auf dem Podium. Doch das zentrale Forum beim ersten "Kirchentag Mensch und Tier" am Wochenende in Dortmund ist nur spärlich besucht.

 (DR)

Rund 150 Zwei- und ein Dutzend Vierbeiner verlieren sich auf dem Hauptveranstaltungsplatz, einer fußballfeldgroßen Wiese im Dortmunder Fredenbaumpark.



Der Kirchentag ist weit hinter seinen Erwartungen zurückgeblieben - von 5.000 Teilnehmern war im Vorfeld die Rede. Tatsächlich gekommen sind zu den 50 von der "Aktion Kirche und Tiere" (AKUT) geplanten Veranstaltungen rund 1.000 Tierfreunde, wie die Organisatoren berichten. Daran ist nicht nur das Schauerwetter schuld. An vielen Stellen - manch einer vermisst Hinweisschilder auf die teils weit entfernten Veranstaltungsorte - wirkt die Organisation überfordert. AKUT-Vorsitzender Ulrich Seidel lässt sich dennoch nicht entmutigen und spricht von einem "Samenkorn, das wächst".



Prinzessin Maja redet engagiert, geißelt mangelnde Wertschätzung für Tiere und massenhafte Tötung von Straßenhunden in Spanien oder Rumänien. Gerade in katholisch und orthodox geprägten Ländern werde Tieren keine Seele zugestanden; so würden sie oft als Sache angesehen. Und die Rednerin fordert, mehr Verständnis für Tiere zu wecken - etwa durch Kaninchen in Kitas. "Kinder merken, dass Tiere Gefühle haben", so die adelige Tierschützerin. Seidel, im Hauptberuf evangelisch-lutherischer Pfarrer nahe Leipzig, wendet sich gegen die Einteilung der Tiere: in jene, "die das Glück haben, unter dem Tisch sitzen zu dürfen, und die Tiere, die das Pech haben, auf dem Tisch zu landen".



Davon muss bei diesem Treffen niemand überzeugt werden. Die Botschaften in den Vorträgen, Diskussionen, Gottesdiensten und dem kirchentagstypischen "Markt der Möglichkeiten" gelten vor allem jenen Menschen, die nicht gekommen sind; diese wollen und erst noch bekehrt sein - etwa von der Abkehr von Fleisch, zumindest von dem aus Massentierhaltung. Der Kirchentag prangert nicht nur eine "umfassende Ausbeutung der Tiere" an, wie es im Abschlussappell heißt. Er will vor allem eins: Mitgefühl des Menschen für ebenfalls fühlende und von Gott mit einer eigenen Würde versehene Lebewesen wecken.



Auf diese Empathie hebt in seinem Vortrag auch der Theologe und Kirchenkritiker Eugen Drewermann ab, der die Zuhörer wegen des Regens unter der schützenden Bühne versammelt. Er verurteilt eine Ethik, die "egoistisch" nur das Wohl des Menschen im Blick habe und damit beispielsweise Tierversuche rechtfertige. Mehr Sensibilität gegenüber Tieren mahnt auch der katholische Theologe Rainer Hagencord an, der im vorigem Jahr das Institut für Zoologische Theologie in Münster mitbegründete. Zwar lasse sich aus der Bibel nicht ableiten, dass man als Vegetarier leben müsse - denn das Buch der Bücher rede ganz unsentimental etwa vom geschlachteten Mastkalb. Aber die Zeichen der Zeit wie hoher Ressourcenverbrauch und der Hunger in der Welt sprächen dafür, zumindest den Fleischkonsum deutlich zu reduzieren und Puten und Schweine nicht zu "Rohlingen der Fleischindustrie" abzuwerten.



Um Nutzung und Ausnutzung der Tiere geht es auch beim "Familiengottesdienst für 4- und 2-Beiner". Ein Kind schlüpft in die Rolle einer Labormaus und stellt die Gewissensfrage: Wie können Menschen Tiere, die doch wie sie empfinden, leiden und sterben lassen? Der "Gewalt gegen Tiere" setzt die Gemeinde demonstrativ ein Beispiel für friedliches Miteinander entgegen -mit einem gemeinsamen "Happen" für Mensch und Tier.