Kirchentag hat zahlreiche Dialogforen mit Muslimen

Bedingt harmonisch

Engagiert, aber nicht ohne Spannungen, so ließe sich derzeit das Gesprächsklima zwischen deutschen Protestanten und Muslimen auf den Punkt bringen. Zumindest auf der Führungsebene von Evangelischer Kirche in Deutschland (EKD) und den muslimischen Verbänden mangelte es in den vergangenen Jahren nicht an Auseinandersetzungen.

Autor/in:
Christoph Schmidt
 (DR)

Spätestens seit dem Streit um die evangelische Handreichung "Klarheit und gute Nachbarschaft" von 2006 beäugt man sich mit einer gewissen Skepsis. Die Verbände attackierten das Grundsatzpapier als Versuch der Kirche, "ihr Profil polemisch am Islam zu schärfen", wie es der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime (ZMD), Aiman Mazyek, formulierte. Die evangelische Kirche habe die Tendenz, "belehrend aufzutreten", hieß es aus seinem Verband.



Der Grund: In der Handreichung überwiegen neben einigen Dialogansätzen die Hinweise auf ein problematisches Verhältnis des Islam zu Gewalt, Demokratie und Frauenrechten, zudem bekräftigte die Kirche ihren Auftrag zur Mission. Namentlich der frühere EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber und der jetzige Amtsinhaber Nikolaus Schneider machten aus ihrer kritischen Haltung zum Islam, wie er von den Verbänden vertreten wird, keinen Hehl. Wiederholt warnte Huber vor politischen Machtansprüchen, die sich hinter den repräsentativen Moscheebauten verbergen. Schneider sprach von Herausforderungen für die Kirchen angesichts eines ebenso selbstbewussten wie von der Aufklärung unberührten Islam.



Erst in dieser Woche warf der Ratsvorsitzende in einem Interview die Frage auf, ob nicht der verheerende Zustand der Religionsfreiheit in islamischen Ländern weniger Folge autoritärer Herrschaft als vielmehr der islamischen Lehre sei. Mazyek sprach daraufhin schlicht von Unkenntnis des Islam und witterte obendrein mangelnden Respekt für die Freiheitsbewegungen in der arabischen Welt.



Eintracht in Dresden

Auf dem 33. Evangelischen Kirchentag in Dresden von Mittwoch bis Sonntag dürfte von solcher Schärfe weniger zu spüren sein. Erfahrungsgemäß bewegen sich die interreligiösen Gespräche bei den Christentreffen auf gut eingefahrenen Pfaden der Konsenssuche. Die über 25-jährige evangelisch-muslimische Kirchentags-Kooperation habe unter den Querelen der Vergangenheit nicht gelitten, versichert denn auch EKD-Islamreferent Martin Affolderbach. Er verweist auf die umfangreichen Dialogstrukturen seiner Kirche und vielfältige Kontakte zu muslimischen Partnern wie den Aleviten, der türkisch-islamischen DITIB oder der türkischen Gülen-Bewegung.



Mit anderen Organisationen habe man allerdings auch Probleme, sagt Affolderbach, ohne konkreter werden zu wollen. Dafür lobt er die Harmonie-Initiativen der evangelischen Basis: So nähmen Protestanten bei christlich-muslimischen Begegnungsprojekten zahlenmäßig einen Spitzenplatz ein.



Auch ZMD-Vorsitzender Mazyek sieht einen großen Unterschied zwischen dem medialen Schlagabtausch mit der Amtskirche und Kirchentagsauftritten. Der eloquente Taktiker, der selbst auch eingeladen ist, verzichtet nicht auf den Seitenhieb, er erlebe in den evangelischen Gemeinden viel Frust über die konfrontative Haltung der Kirchenleitung. Zuletzt habe es aber wieder ein "gutes Kamingespräch" mit Präses Schneider gegeben, bei dem der Ratsvorsitzende eine Menge Verständnis für die Belange der Muslime gezeigt habe.



Knapp ein Dutzend Veranstaltungen widmet der Dresdner Kirchentag dem christlich-islamischen Dialog, darunter auch in zwei Moscheen. Am Donnerstag steht bei einer Runde mit Bundespräsident Christian Wulff das Thema Integration im Mittelpunkt. Zu anderen Begegnungen mit Muslimen haben sich Präses Schneider und seine Vorgängerin Margot Käßmann angekündigt. Dass sich die Anzahl der Foren gegenüber früheren westdeutschen Kirchentagen in Grenzen hält, liege am geringeren muslimischen Bevölkerungsanteil in Ostdeutschland, betont Affolderbach. Man arbeite aber zusammen mit den islamischen Partnern weiter daran, immer mehr Muslime als Teilnehmer zu gewinnen und habe für das Großtreffen in Dresden eine Menge Freikarten verteilt.