Kirchentag in einer weitgehend konfessionslosen Region

Hey du Jesus, mach' Platz

"Hey, du Jesus, mach' Platz", schimpft ein Radfahrer in einer engen Straße von Dresden. Vor ihm läuft ein Kirchentagsbesucher - unübersehbar mit seinem grünen Schal. Nicht alle Dresdner sind begeistert über die 118.000 "Schalträger", die in diesen Tagen durch die Elbstadt schlendern.

Autor/in:
Birgit Wilke
In der Region um Dresden gehört nur jeder Vierte einer der beiden Kirchen an (DR)
In der Region um Dresden gehört nur jeder Vierte einer der beiden Kirchen an / ( DR )

Die ostdeutsche Region ist weitgehend konfessionslos. Lediglich 25 Prozent gehören einer der beiden großen Kirchen an. Aggressive und ablehnende Reaktionen sind trotzdem die Ausnahme. "Es ist toll, dass die Menschen hier sind", meint etwa Peter Wolf, ebenfalls Radler und selbst ohne Konfession, wie er erzählt. "Die Leute sind freundlich, und ich bekomme viel Feedback darüber, wie schön viele die Stadt finden."



Für Kirchentagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt, die ebenfalls aus den neuen Bundesländern kommt, ist der Kirchentag mit Dresden in Ostdeutschland angekommen - 22 Jahre nach der friedlichen Revolution. Es sei das erste gesamtdeutsche Christentreffen, so meint sie. Dass rund ein Drittel der Dauerteilnehmer aus der Region komme, damit habe keiner der Veranstalter gerechnet. Zwar gab es bereits 1997 einen Kirchentag in Leipzig, an dem sich ähnlich viele Menschen beteiligten. Bis auf einen verschwindend geringen Teil kamen damals aber alle aus den alten Bundesländern.



"Auch so eine Art Selbstvergewisserung"

"Vielleicht waren wir damals zu sehr mit uns selbst beschäftigt", meint Anna Böttcher. Die 44-jährige Protestantin ist erstmals beim Kirchentag. Von dem Treffen in Leipzig hatte sie damals nichts gehört. Jetzt ist sie mit Begeisterung dabei. Ganz selbstverständlich war es für sie und ihre Familie auch, einen Kirchentagsbesucher in ihrer Wohnung übernachten zu lassen - eines von 12.000 Privatquartieren für den Kirchentag. Auch diese hohe Zahl ließ die Veranstalter staunen.



Böttcher meint, für viele aus der Region sei der Kirchentag "auch so eine Art Selbstvergewisserung", was ihren Glauben betreffe. So viele Christen gibt es hier ja nicht, und im Alltag erfordert es schon manchmal viel Mut, dazu zu stehen, meint sie. "Da ist es schön, mal mit so vielen zusammenzutreffen."



Signale für den Dialog

Aber Christen treffen nicht nur auf Christen. Auf einen "vitalen Dialog" auch mit Kirchenfernen hat sich der katholische Bischof von Dresden-Meißen, Joachim Reinelt, gefreut. Der Kirchentag könne auch in dieser Hinsicht für Signale sorgen, glaubt er. So gibt es in Dresden auch Möglichkeiten, mit Konfessionslosen ins Gespräch zu kommen. Zum Beispiel auf der sogenannten Kirchenbank: Eigens haben die Veranstalter massige Holzgestelle auf verschiedenen Plätzen in der Stadt aufgestellt.



Der 27-Jährige Malcolm Agyapony-Nuni aus Sierra Leone ist einer von vielen Freiwilligen, die versuchen, mit Menschen auf der Bank ins Gespräch zu kommen. "Willkommen auf der Kirchenbank", so beginnt er die Gespräche. Meist reagierten die Menschen freundlich, wenn er mit ihnen über das christliche Fest Ostern ins Gespräch komme. Einige hätten kein Interesse, so erzählt er. Aber viele, so der Student, gingen dann auch mit mehr Wissen weg als dem, dass Ostern für Christen mehr ist als der Osterhase oder Ostereier.