Kirchenamt sucht neuen Job für AfD-nahen Pfarrer

Nicht leicht, wegen "vor Ort Akzeptanz"

Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland bemüht sich im Fall eines wegen einer AfD-Kandidatur bei einer Stadtratswahl vom Dienst abgezogenen Pfarrers um einen neuen Einsatzbereich. Ihm wurde daraufhin die Beauftragung entzogen.

Autor/in:
Oliver Gierens und Lukas Philippi
Sachsen-Anhalt: Ein Wahlplakat der AfD hängt an einer Laterne / © Jan Woitas (dpa)
Sachsen-Anhalt: Ein Wahlplakat der AfD hängt an einer Laterne / © Jan Woitas ( dpa )

Pfarrer Martin Michaelis, der bisher für den Pfarrbereich Gatersleben im Salzlandkreis zuständig war, könne sich auf eine der ausgeschriebenen Pfarrstellen in der Landeskirche bewerben, sagte EKM-Personaldezernent Michael Lehmann am Dienstag in Magdeburg dem Evangelischen Pressedienst. Seine Kandidatur für die AfD mache es aber nicht leichter, "vor Ort Akzeptanz für seinen Einsatz im Pfarrdienst zu finden".

Der evangelische Kirchenkreis Egeln hatte dem Pfarrer die sogenannte Beauftragung entzogen, weil er als Parteiloser für die AfD zur Stadtratswahl in Quedlinburg (Kreis Harz) kandidiert. Laut Pressemitteilung der EKM vom Montag, hatte Michaelis die Landeskirche am 9. März über seine Kandidatur informiert. Daraufhin sei ihm die Verantwortung für den Pfarrbereich am 15. März entzogen worden.

Lange Suche nach einem Auftrag

Michaelis war seit November 2023 im Gemeindepfarrdienst im bis dahin vakanten Pfarrbereich Gatersleben im Einsatz. Zuvor war er mit Ende seiner Tätigkeit als Vorsitzender der Pfarrvertretung der EKM im August 2022 ohne Pfarrstelle, bezog aber weiterhin sein volles Gehalt. Die EKM habe lange nach einem "amtsangemessenen Auftrag" für Michaelis gesucht, hieß es nun. Mehrere Anfragen seien von Kirchengemeinden oder Kirchenkreisen aber zunächst zurückgewiesen worden.

Hintergrund ist unter anderem der Auftritt von Michaelis als Redner etwa bei rechtsnationalistischen Demonstrationen. Michaelis hatte sich in der Corona-Zeit öffentlich gegen staatliche Lockdown-Maßnahmen ausgesprochen und sich gegen einen Beschluss der Landessynode gestellt, in dem die Corona-Impfungen als "aktive christliche Nächstenliebe" bezeichnet wurden. Insbesondere der Auftritt bei einer Anti-Corona-Demonstration im Dezember 2021 war bei Landesbischof Friedrich Kramer und anderen Kirchenvertretern auf heftige Kritik gestoßen.

"Im Rahmen des Kirchenverfassung"

Oberkirchenrat Lehmann betonte gegenüber dem epd, der Kreiskirchenrat Egeln habe bei der Entziehung der Beauftragung "im Rahmen unserer Kirchenverfassung und unserer Gesetze" gehandelt.

Unter anderem verwies Lehmann auf das Pfarrerdienstgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Dort heißt es etwa, auch bei einer politischen Betätigung müssten Pfarrerinnen und Pfarrer Grenzen beachten, "die sich hieraus für Art und Maß ihres politischen Handelns ergeben". An diese Bestimmungen sei auch Pfarrer Michaelis gebunden, betonte der Personaldezernent.

"Gegen Diskriminierung und Menschenfeindlichkeit"

Es sei zwar im Interesse der Kirche, dass sich Pfarrer auch politisch engagieren. Dies gelte jedoch nicht für das Engagement in Parteien, die verfassungsrechtlich fragwürdige Positionen einnehmen.

Laut ihrer Verfassung tritt die EKM unter anderem "für die Wahrung der Menschenwürde, die Achtung der Menschenrechte und für ein von Gleichberechtigung bestimmtes Zusammenleben der Menschen ein. Sie wendet sich gegen alle Formen von Diskriminierung und Menschenfeindlichkeit."

IW Köln: AfD hat deutlich weniger Anlaufstellen als andere Parteien

Die AfD ist laut einer Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) mit ihren Anlaufstellen für Bürgerinnen und Bürger weniger präsent als andere Parteien in Deutschland. "Das Selbstbild der Partei, besonders volksnah zu sein, trügt mindestens hinsichtlich ihrer Verankerung in der Fläche", sagte der Politikwissenschaftler und Studienautor, Knut Bergmann, am Montag in Köln mit Blick auf die Parteigründung vor zehn Jahren. Um die Präsenz der Parteien vor Ort zu ermessen, hat das IW-Team die Verfügbarkeit von Anlaufstellen der Parteien untersucht.

Bonbon der AfD (shutterstock)
Quelle:
epd