Kirchen zeigen Präsenz auf der Bildungsmesse "didacta"

"Aus der Schulstruktur nicht wegzudenken"

Die größte Bildungsmesse in Europa öffnet an diesem Dienstag in Köln ihre Pforten. Auf der "didacta" zeigen auch die katholische und die evangelische Kirche ihre Präsenz. Christoph Westemeyer erklärt, warum das wichtig ist.

Blick auf das Logo der Bildungsmesse didacta an der Koelnmesse. / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Blick auf das Logo der Bildungsmesse didacta an der Koelnmesse. / © Rolf Vennenbernd ( dpa )

DOMRADIO.DE: Als größter und wichtigster Treffpunkt für Lehrkräfte, Pädagoginnen und Pädagogen, Unternehmen, Verbände, Politik und Wissenschaft fördert die "didacta" den direkten Austausch und Diskurs im gesamten Bildungsbereich. Wie wichtig ist die Präsenz der Kirchen bei dieser Messe in Köln?

Christoph Westemeyer / © Tobias Fricke (DR)
Christoph Westemeyer / © Tobias Fricke ( DR )

Christoph Westemeyer (Abteilungsleiter für den Bereich Schulische Religionspädagogik und Katholische Bekenntnisschulen im Erzbistum Köln): Ich glaube, das ist heute besonders wichtig, weil die Kirchen viel in Bildungsprozesse einbringen. Sie sind mit ihren Schulen einer der größten Bildungsträger. Deswegen sind sie aus der Schulstruktur nicht wegzudenken. 

Außerdem ist Religion an sich ein Thema, das in Bildungsprozessen immer mitläuft. Wie man sich dazu verhält, muss jeder Schüler und jede Schülerin für sich selber entscheiden. Aber dass es in einen allgemeinen Bildungskontext hineingehört, ist evident. 

DOMRADIO.DE: Welche Rolle spielt die Kirche in Bezug auf Schulbildung? Immer mehr Schülerinnen und Schüler entscheiden sich ab dem Moment, wo sie sich entscheiden dürfen, gegen den Religionsunterricht.

Christoph Westemeyer

"Wenn man sich von Latein oder Mathe abmelden könnte, sähen die Zahlen vermutlich anders aus."

Westemeyer: Das ist ein Bild, was man im Kopf hat. Aber das stimmt so gar nicht. Es ist das einzige Fach, bei dem man sich abmelden darf, beziehungsweise von dem man sich befreien lassen kann. Das machen aber fast keine Schülerinnen und Schüler. Wenn man sich von Latein oder Mathe abmelden könnte, sähen die Zahlen vermutlich anders aus. 

In Religion liegen die Zahlen im Erzbistum Köln bei 1,5 Prozent. Es ist erstaunlich, welche hohe Akzeptanz das Fach hat. Nicht nur, weil man denkt, man könnte da irgendwelche schönen Geschichten hören, sondern weil es um Diskursivität geht. Es geht um Auseinandersetzung und um Positionsfindung im Leben.

DOMRADIO.DE: "Schule hat eine Seele. Halt geben – Hoffnung leben" lautet das Motto und Thema der Kirchen auf dieser Messe. Was steckt hinter diesem Leitgedanken? 

Westemeyer: Zunächst mal steckt so viel Interessantes dahinter, dass der Veranstalter, der große Verband "didacta", diesen Stand zu einer Sonderschau ernannt hat. Das ist nicht selbstverständlich. Es gibt wenige Stände, die besonders beworben und unterstützt werden. 

Ich glaube, es hat damit zu tun, dass wir als Kirchen Bildung wie öffentliche Schulen betreiben. Sie erfüllen die gleichen Standards und klären die gleichen Qualitätsfragen, aber legen etwas mehr rein. Das sagt dieser Begriff "Seele". 

Vor allem zeigt das auch der Untertitel "Halt geben – Hoffnung leben". Es bedeutet, die Hoffnung nicht nur irgendwie zu skizzieren, sondern diese Hoffnung auch zu leben. Das ist etwas, was die kirchlichen Schulen von anderen Schulen unterscheidet.

DOMRADIO.DE: Wie sehr belastet es die Schülerinnen und Schüler, was gerade alles in der Welt passiert? 

Westemeyer: Das belastet alle stark. Die Schülerinnen und Schüler belastet das sicher noch mal besonders. Wir wissen spätestens seit der Corona-Pandemie, dass das erhebliche Folgen für Schülerinnen und Schüler hat. 

Deswegen ist es gut, dass es Schulen gibt, die das auffangen können. Es ist von Vorteil, Angebote wie Schulseelsorge oder Schulpastoral zu haben, bei denen es vielleicht auch mal einen Gottesdienst gibt und wo man diese Themen von einer anderen Seite betrachten kann. 

Dort werden diese Fragen mit Vertrauenspersonen besprochen. Das ist sicher an öffentlichen Schulen auch der Fall. Aber in kirchlichen Schulen nimmt das einen besonderen Raum ein und ist das Profil dieser Schulen. 

DOMRADIO.DE: Bis Samstag ist auf der "didacta" einiges von Seiten der Kirchen geplant. Es gibt Fachvorträge, Workshops, Interviews und Beratungsgespräche. Was sind sonstige Highlights, die Sie anbieten? 

Christoph Westemeyer

"Dadurch können wir zeigen, wie breit unsere Schulen aufgestellt sind. "

Westemeyer: Alle Veranstaltungen sind sicherlich Highlights. Besonders hervorzuheben ist vielleicht das "Rote Sofa". Das haben wir seit einigen Durchgängen als neues Format dabei. Der Moderator Daniel Schneider macht das sehr versiert. 

Aus Köln kommt zum Beispiel Pfarrer Franz Meurer zum Gespräch, aber auch die NRW-Schulministerin Dorothee Feller. Es nehmen auch weitere prominente und interessante Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner daran teil. 

Es wird außerdem ein großes Forum geben, bei dem im öffentlichen Raum diskutiert wird. Die Schulleiterin der Johannes-Löhr-Gesamtschule in Burscheid wird daran teilnehmen sowie die Fernsehmoderatorin Andrea Grießmann und der Lehrer Benedikt Töns, der mit dem "Deutschen Lehrkräftepreis" ausgezeichnet wurde. Die sprechen über diese Fragen.

Ansonsten widmen wir uns den Themen Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Schöpfung, Demokratiebildung und globales Lernen. Das sind alles Themen, die wir versuchen an diesem Stand entsprechend zu bespielen.

DOMRADIO.DE: Zudem spielen die Digitalisierung und Künstliche Intelligenz bei vielen Schülerinnen und Schülern aktuell eine wichtige Rolle. Ist das auch ein Thema?

Westemeyer: Ja. Wir haben unter anderem einen Beitrag, bei dem nicht nur über diese Thematik gesprochen wird, sondern sogar ein Roboter vor Ort sein wird. Eine Roboter AG wird das Thema vorstellen.

Wir haben außerdem Bands von kirchlichen Schulen, wie die Schulband des Clara-Fay-Gymnasiums in Godesberg dabei. Zudem die "Schule für Circuskinder", die in Trägerschaft der evangelischen Kirche ist. Dadurch können wir zeigen, wie breit unsere Schulen aufgestellt sind. 

Das Interview führte Oliver Kelch.

Internationale Bildungsmesse didacta

Die internationale Bildungsmesse didacta findet bis zum kommenden Samstag, 11. Juni 2022, in Köln statt. Lehrkräfte, Erzieher*innen und andere Fachgäste können sich persönlich auf der Messe austauschen. Unter den knapp 600 Aussteller*innen sind Anbieter*innen von Lehrmaterialien und Lernspielzeugen sowie Behörden und Verbände. Sie zeigen Neuheiten aus den Bereichen Kita, Schule, Hochschule und berufliche Bildung. In zahlreichen Foren diskutieren die Teilnehmenden über aktuelle Themen. Schwerpunkte sind die Digitalisierung, der Klimawandel und die Integration geflüchteter Kinder.

Blick auf das Logo der Bildungsmesse didacta an der Koelnmesse. / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Blick auf das Logo der Bildungsmesse didacta an der Koelnmesse. / © Rolf Vennenbernd ( dpa )
Quelle:
DR