Kirchen und Politik würdigen Zentralrat der Juden

Entwicklung Deutschlands mitgeprägt

Politik und Kirchen haben die Bedeutung des Zentralrats der Juden in Deutschland zu dessen 60. Jubiläum hervorgehoben. Die Deutsche Bischofskonferenz bezeichnet den Zentralrat als "unverzichtbare Institution in der Gesellschaft".

 (DR)

Die katholische Kirche werde auch weiterhin in ihrem Bemühen nicht nachlassen, «an der Erinnerung der Vergangenheit mitzuwirken und jeder Form von Antisemitismus eine Absage zu erteilen», heißt es in einem am Montag in Bonn verbreiteten Brief des Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, an die Präsidentin des Zentralrates, Charlotte Knobloch.

«Erneut versichere ich Ihnen, dass es für die Leugnung des Holocaust keinen Platz in der katholischen Kirche geben darf», fügte Zollitsch hinzu: «Gemeinsam müssen wir daran arbeiten, die Vergangenheit nicht zu vergessen und der jungen Generation - bei Ihnen im Judentum, bei uns in der katholischen Kirche - zu vermitteln.» Die junge Generation brauche ein solides Geschichtsbewusstsein, «um die Verirrungen von damals niemals mehr zurückkehren zu lassen», so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz.

Das Verhältnis zwischen Judentum und katholischer Kirche war zuletzt durch mehrere Entscheidungen des Vatikan belastet gewesen. Beispiel sind die Karfreitagsfürbitte und die Vorgänge um den Bischof der ultrakonservativen Pius-Bruderschaft, Richard Williamson, der den Holocaust leugnet. In der neuen Fassung der katholischen Karfreitagsfürbitte steht ein Gebet, das als Aufruf zur Bekehrung der Juden zum Christentum interpretiert wird. Zudem hatte Papst Benedikt XVI. die Exkommunikation von Williamson und drei weiteren Pius-Bischöfen aus der katholischen Kirche aufgehoben.


Evangelische Kirche: Zentralrat als Brückenbauer
Der Zentralrat habe die Entwicklung der Bundesrepublik begleitet, teilte Johannes Friedrich, Leitender Bischof des Kirchenbundes der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), am Sonntag in München mit. Während 1950 nur 15.000 Juden in Deutschland gelebt hätten, sei die Zahl der jüdischen Mitbürger durch Zuwanderung auf heute über 100.000 gewachsen, sagte Friedrich. Dadurch sei der kulturelle Reichtum der jüdischen Religiosität wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Der Zentralrat habe Brücken für die Gestaltung der gemeinsamen Zukunft gebaut, betonte der bayerische evangelische Landesbischof. Die Deutschen hätten wegen der Verbrechen der Vergangenheit die Verpflichtung, sich für den Wiederaufbau jüdischen Lebens einzusetzen.
Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) würdigte den Zentralrat als «wichtige Instanz» des öffentlichen Lebens.  Seehofer sagte, der Zentralrat habe den politischen Diskurs in Deutschland bereichert und mitgeprägt. «Wir sind froh und dankbar, dass wir dieses Jubiläum gemeinsam feiern dürfen und dass es nach der furchtbaren Schreckenszeit des Nationalsozialismus wieder ein kraftvolles jüdisches Leben in Bayern und Deutschland gibt», sagte Seehofer.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner erklärte, der Zentralrat habe bis heute ein Wächteramt inne, das für eine stabile Demokratie und eine offene Gesellschaft ohne Diskriminierung unverzichtbar sei. Dank der Organisation habe sich jüdisches Leben in Deutschland nach der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wieder entfalten können.