Kirchen und Landwirtschaft für mehr Respekt für Lebensmittel

Die Ernte auch achten

Anlässlich des Erntedankfestes haben Vertreter der Landwirtschaft und der evangelischen und katholischen Kirche für mehr Respekt für Lebensmittel aus landwirtschaftlicher Produktion geworben. Bei einer Diskussionsrunde in Warburg-Hardehausen kritisierte der westfälisch-lippische Bauernpräsident Franz-Josef Möllers die Vermarktungspolitik der großen Handelskonzerne.

 (DR)

Anlässlich des Erntedankfestes haben Vertreter der Landwirtschaft und der evangelischen und katholischen Kirche für mehr Respekt für Lebensmittel aus landwirtschaftlicher Produktion geworben. Bei einer Diskussionsrunde in Warburg-Hardehausen kritisierte der westfälisch-lippische Bauernpräsident Franz-Josef Möllers die Vermarktungspolitik der großen Handelskonzerne. Präses Alfred Buß von der Evangelischen Kirche von Westfalen warb dafür, "Lebensmittel als Gabe zu begreifen". Landwirtschaft sei eben etwas anderes als die "Erzeugung" von Lebensmitteln, Tiere seien etwas anderes als "Material".

"Lebensmittel als Gabe zu begreifen"
Franz-Josef Möllers nannte "stellvertretend für viele" das Beispiel einer großen Lebensmittelkette, die ein halbes Pfund Butter für 50 Cent anbot, bei einem Einkaufspreis von 65 Cent. Diese Aktion koste den Konzern sieben Millionen Euro, "eine Investition, die nach zwei Monaten wieder erwirtschaftet" sei. Für Möllers ist diese Praxis "eine Sauerei".

Präses Alfred Buß von der Evangelischen Kirche von Westfalen warb dafür, "Lebensmittel als Gabe zu begreifen". Landwirtschaft sei eben etwas anderes als die "Erzeugung" von Lebensmitteln, Tiere seien etwas anderes als "Material". Die Pädagogik könnte Begegnungen mit der Landwirtschaft ermöglichen und so ein besseres Verständnis für landwirtschaftliche Produkte schaffen, sagte der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker. Prälat Buß kritisierte das Verbrennen von Getreide zur Energieerzeugung. Korn, aus dem Brot wird, sei für ihn ein Symbol für das Lebensnotwendige: "Wenn wir das Symbol Brot verbrennen, dürfen wir uns nicht wundern, dass den Leuten alles egal ist", erklärte der Theologe.

Bauernpräsident Möllers widersprach: Niemand werde Brotweizen verbrennen, aber gegen die "thermische Verwertung" von Futter- oder Abfallgetreide, das sonst nur weggeworfen werde, habe er keine Bedenken. Buß wies darauf hin, dass außer dem Symbolwert auch die Energiebilanz und der Landschaftsschutz im Blick sein müssten: Zu den Kohlendioxid-Emissionen bei der Verbrennung müssten auch noch die Belastungen bei der Produktion durch Pestizide und mineralische Düngemittel gerechnet werden.

Bärbel Wartenberg-Potter: "Teilen mit benachteiligten und armen Menschen"
Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker forderte, das Selbstwertgefühl der Menschen auf dem Lande zu stärken. Notwendig sei ein Mentalitätswandel. So müsse die Geschmacksbildung bei Kindern und Jugendlichen verbessert werden. Sie erführen von ihren Eltern oft zu wenig über den Wert der Lebensmittel und lernten auch das Kochen nicht.

Die Lübecker Bischöfin Bärbel Wartenberg-Potter rief in Bad Segeberg zum Teilen mit benachteiligten und armen Menschen auf. "Am Tische Gottes essen heißt, an eine Welt ohne Hunger und Bomben zu glauben, an die Fähigkeit der Menschen zum Teilen, zum Umverteilen der Güter", sagte die evangelische Theologin. In einem Umzug durch die Stadt führten Landfrauen und Landjugend die Erntekrone und ein fünf Meter großes Weizenmischbrot mit. Nach dem Gottesdienst verteilten Bäcker mehr als 700 Brotscheiben an die Gottesdienstbesucher.

Gemeinden spendeten ihre Kollekte an "Brot für die Welt"
Termin für Erntedank ist in der Regel der erste Sonntag im Oktober. Einige Gemeinden feiern das Schöpfungsfest bereits Ende September oder an einem der folgenden Sonntage.

Gott für die Ernte zu danken, gehörte zu allen Zeiten zu den religiösen Grundbedürfnissen der Menschen. Die christliche Tradition hat die Bitte um Nahrung in ihr wichtigstes Gebet aufgenommen, das "Vaterunser". Dort heißt es: "Unser tägliches Brot gib uns heute." Die Kirche feiert das Erntedankfest bereits seit dem dritten Jahrhundert.

Weil nach christlichem Verständnis Danken und Teilen zusammen gehören, wird an Erntedank an Hungerkatastrophen erinnert und für Not leidende Menschen gesammelt. Viele Gemeinden spendeten ihre Kollekte am Sonntag an die Aktion "Brot für die Welt".
(ddp,ddp,dr)