Kirchen präsentieren sich auf der "didacta"

Wir gehen auf den Marktplatz

Ob Abitur nach 12 Jahren, die Zukunft der Hauptschule oder Schule als Ort der Integration: alles Themen mit kirchlicher Relevanz. Und Themen, bei denen die Kirchen bei Europas größter Bildungsmesse "didacta" in Hannover in diesem Jahr auch mitreden. Dass sie sich dabei in ökumenischer Partnerschaft präsentieren, hat inzwischen schon Tradition.

Autor/in:
Jens-Hendrick Grumbrecht
 (DR)

Das ist das schönste Kompliment, das Gerd Brinkmann in den letzten Tagen gehört hat: "Oase". So hat jemand den Stand der Kirchen bezeichnet, den der evangelische Pastor auf der Bildungsmesse "didacta" in Hannover betreut. Oase - ein Ort zum Durchatmen, Ausruhen, Krafttanken: Kein Wunder, dass das bei all den Eindrücken nötig ist, die über 700 Aussteller bei Europas größter Messe dieser Art vermitteln. Die Besucher lassen sich gern in dem kleinen, standeigenen "Kirchencafe" nieder, um sich bei einer Tasse fair gehandelten Kaffees vom Rummel zu erholen.

Doch bieten die beiden großen Kirchen weit mehr als einen Platz zum Ausruhen. Sie wollen dokumentieren, dass sie bei dem brandaktuellen Thema Bildung große Kompetenzen vorzuweisen haben. Ob Abitur nach 12 Jahren, kurz "G8" genannt, die Zukunft der Hauptschule oder Schule als Ort der Integration: alles Themen mit kirchlicher Relevanz.

Dabei hat es inzwischen schon Tradition, dass sich "Kirche auf der Bildungsmesse" in ökumenischer Partnerschaft präsentiert: In Hannover wird der Stand D36 in Messehalle 16 von den katholischen Bistümern in Norddeutschland, der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) getragen.

Täglich präsentieren mehrere Fachreferenten verschiedene Themen
Am Kirchenstand kommen Besucher auch auf die Berliner Initiative "Pro Reli" oder das erste muslimische Schulbuch auf Deutsch zu sprechen, das ebenfalls auf der "didacta" vorgestellt wurde. Täglich präsentieren mehrere Fachreferenten verschiedene Themen im Spektrum Bildungspolitik und Kirche. Aktuell berichtet Annike Reiß, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Kassel, vor voll besetzten Reihen über "Theologische Gespräche mit Jugendlichen". "Zu jedem der sechs täglichen Vorträge kommen bis zu 60 Personen", schätzt Brinkmann. Das Gros seien Fachleute, die gezielt die Vorträge besuchen. Vor allem Religionspädagogen nehmen die Angebote wahr. Sie suchen Informationen zu konfessionellen Schulen oder Lehrmaterialien. Dabei kommen täglich bis zu 150 Beratungen zustande.

Eine der Beraterinnen ist Julia Born, Referentin für evangelische Religion. Sie stellt die Internetplattform "rpi" vor. Seit fünf Jahren gibt es die Internet-Community für Religionspädagogen mit einer umfangreichen Materialsammlung für den praktischen Unterricht. Über 40.000 User sind mittlerweile bei "rpi" registriert. Ähnlich erfolgreich ist auch die katholische Plattform "rpp". "Die beiden Internetangebote kommen gut an", berichtet Born.

"Schule menschlich gestalten"
"Religion. Werte. Bildung" heißt das Motto, unter dem sich katholische und evangelische Kirche auf der "didacta" mit Stand und Sonderprogramm vereinigt haben. Der Slogan "Schule menschlich gestalten" klingt fast provozierend. Dahinter steht die öffentliche Debatte um Chancengleichheit im deutschen Bildungssystem, die auch bei einer Podiumsdiskussion am Kirchenstand mit dem Braunschweiger Landesbischof Friedrich Weber, dem Hildesheimer Weihbischof Hans-Georg Koitz und der niedersächsischen Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU) angemahnt wurde.

Dabei spielte nicht zuletzt die Diskussion über die Zukunft des Religionsunterrichts an Schulen ein Rolle. Als Referent für Schulfragen der Hannoverschen Landeskirche ist Gerd Brinkmann hier Experte. Im Bildungsdiskurs hat die Kirche eine große Rolle: als Anbieter und Arbeitgeber, als Vermittler zentraler Werte und Normen.  Die Botschaft des Auftritts der Kirche auf der "didacta" heißt für Brinkmann: "Wir gehen auf den Marktplatz. Kirche hat etwas Entscheidendes beizutragen. Wir müssen uns nicht verstecken".