Kirchen fordern Aufnahme von mehr Syrern in Deutschland

"Die Spendenbereitschaft lässt sich verbessern"

Deutliche Worte von Kirchenvertretern: Wenn Deutschland sich bereiterklärt, 5.000 syrische Flüchtlinge aufzunehmen, dann sei das "keine Zahl, auf die man stolz sein kann", die Zahl müsse "mindestens verdoppelt" werden.

Nikolaus Schneider und Flüchtlingskinder (epd)
Nikolaus Schneider und Flüchtlingskinder / ( epd )

Der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Norbert Trelle, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Scheider riefen bei ihrem Besuch in Jordanien zu mehr deutscher Solidarität mit syrischen Flüchtlingen auf.

Gemeinsam mit einer ökumenischen Delegation trafen sie bei ihrer dreitägigen Reise mit syrischen Flüchtlingen im Lager Al-Husn an der nordjordanischen Grenze zusammen. Der Besuch solle der vermitteln, betonte Präses Schneider wiederholt, weil man nicht "einfach ein technisches Programm" abspielen wolle, sondern "Hilfe von Herz zu Herz" leisten und sich ein eigenes Bild machen wolle. "Die Menschen sollen wissen, dass sie nicht vergessen sind", so Schneider weiter.

Auch wenn Al-Husn mit rund drei- bis vierhundert syrischen Flüchtlingsfamilien nur einen kleinen Teil der Hunderttausenden von Syrern in Jordanien beherbergt - die Besucher waren nahe dran. Die deutschen Kirchenvertreter machten sich ein Bild von der schwierigen Situation der Menschen auf der Flucht vor Gewalt und Zerstörung im eigenen Land. Aufmerksam folgten Trelle und Schneider den Berichten von Flüchtlingsfrauen, hörten zu, fragten nach. Eine Frau berichtete davon, wie ihr Mann plötzlich verschwand und nach vier Monaten Folter als gebrochener Mensch zurückkam. Bis heute könne er nicht reden. Bei Geschichten wie dieser, sagt der EKD-Ratsvorsitzende, laufe es ihm "kalt den Rücken herunter".

"Kinder brauchen einen Ort der Geborgenheit"

Sichtlich bewegt betrachteten Trelle und Schneider zudem die Zeichnungen von Flüchtlingskindern, in denen vielfach deren traumatische Erlebnisse in Syrien sichtbar wurden. "Es sind tiefe Verwundungen und Ängste ins Bild gebracht worden, die diese Menschen noch lange spüren werden", so Bischof Trelle. "Diese Kinder brauchen einen Ort der Geborgenheit."

Die Spendenbereitschaft in Deutschland für Syrien ließe sich dabei noch verbessern, betonten die beiden Kirchenvertreter. Dafür müsse man den Menschen vermitteln, dass dieser Krieg und die Not nicht weit weg, sondern "aus europäischer Sicht vor unserer Haustür sind". Die Hilfe, betonten Trelle und Schneider, müsse ohne Unterschied der Religion an alle Notleidenden erfolgen.

Zuwendung und Hilfe hätten zudem Vorrang vor Ursachenforschung und der Schuldfrage. Großen Respekt äußerten die Kirchenvertreter gegenüber der jordanischen Bevölkerung, die "den Syrern Herzen, Türen und Portemonnaies" öffne. Großzügigkeit statt kleinmütige Hilfe, so lautete der dringende Appell der beiden Kirchen in Deutschland an Politik und Bevölkerung.

"Humanitärer Hilfe reicht nicht aus"

Gleichzeitig betonten Trelle und Schneider, könne es nicht bei humanitärer Hilfe bleiben, sondern es müsse alles versucht werden, den blutigen Konflikt zu beenden. Und: Menschenrechtsverletzungen des syrischen Regimes müssten deutlich zur Sprache gebracht werden.

Die Vertreter der beiden großen Kirchen wollten in Jordanien hinschauen. Wer nicht bereit sei, diese Lasten auf seine Seele zu nehmen, so Schneider, "der wisse auch nicht, wovon er redet". Gesehen und gehört hätten sie viel Not und Verletzung, bei den Flüchtlingsfrauen, vor allem aber bei den Kindern. "Trotzdem", betonte der Vize-Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Trelle, "können diese Kinder lachen und entwickeln Perspektiven. Das müssen wir stärken. Wir müssen die Wunden heilen und die Hoffnung stärken!"


Quelle:
KNA