Kirchen erinnern an NS-Gegner "Lübecker Märtyrer"

Mut zum Handeln

Mit einem ökumenischen Gottesdienst haben die Kirchen am Sonntagabend in Hamburg an die Ermordung der vier als "Lübecker Märtyrer" bekannten NS-Gegner vor 69 Jahren erinnert. Das Gedenken an den evangelischen und die drei katholischen Geistlichen, die gemeinsam mutig der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft widerstanden hätten, sei auch heute wichtig, sagte der katholische Erzbischof Werner Thissen.

 (DR)

Noch immer gebe es "Machenschaften und Meinungen", die dem Evangelium widersprechen. "Die Lübecker Märtyrer schärfen unser Gewissen und machen uns Mut zum Handeln in unserer Zeit", so Thissen in der voll besetzten evangelischen St-Pauli-Kirche.



Die evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs rief Katholiken und Protestanten auf, gemeinsam "Widerworte gegen Gewalt" zu geben. "Denn wir werden gebraucht", betonte sie. Dies zeige sich etwa an Taten wie am Freitag in Greifswald, wo Neonazis alle Stolpersteine herausgerissen hatten, die im Straßenpflaster an Opfer des NS-Regimes erinnern. "Wir werden sie wieder einsetzen", betonte die Bischöfin.



Auch seien Christen bei der Bewältigung sozialer und politischer Missstände gefordert. So lebe fast jedes vierte Kind in Hamburg als "Schattenkind" in prekären Verhältnissen. Auch verwies Fehrs auf die Lage von Flüchtlingen an den Außengrenzen der Europäischen Union sowie der Opfer von Kriegen und Gewaltherrschaft. "Wie lange schauen wir noch auf den grauenvollen Bürgerkrieg in Syrien?", so die Bischöfin.



Versagen der Christen

Im Rückblick auf die NS-Zeit räumte Fehrs auch Versagen der Christen ein. "Auch Manche in unseren Kirchen haben sich verführen lassen." Demgegenüber hätten etwa die vier Lübecker Märtyrer den Nazis die Stirn geboten. Dass sie dies interkonfessionell taten, bedeute einen "großen ökumenischen Schatz". Das gemeinsame Gedenken bringe die Konfessionen auch ökumenisch voran. Bei aller Unterschiedlichkeit und trotz möglicher Rückschläge müssten die Christen auf das Verbindende schauen, hob die Bischöfin hervor.



Der evangelische Pfarrer Karl Friedrich Stellbrink und die katholischen Kapläne Johannes Prassek, Eduard Müller und Hermann Lange wurden am 10. November 1943 in Hamburg wegen "Wehrkraftzersetzung" und dem "Abhören von Feindsendern" hingerichtet. Die Kapläne wurden im Juni 2011 seliggesprochen. Dabei erhielt Stellbrink ein ehrendes Gedenken, da die evangelische Kirche keine Seligsprechungen kennt.