Kirchen auf der Grünen Woche in Berlin

Im Rhythmus der Natur

Sie ist Schlemmermeile und Diskussionsforum: Die Grüne Woche in Berlin lockt Hunderttausende Besucher - und Kritiker der modernen Landwirtschaft. Auch die beiden großen Kirchen sind vor Ort vertreten.

Bayerisches Fleckvieh (dpa)
Bayerisches Fleckvieh / ( dpa )

Der gemeinsame Auftritt der beiden großen Kirchen auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin steht unter dem Motto "Alles hat seine Zeit - Landwirtschaft natürlich inTakt". "In unserer hektischen Zeit tut es gut, sich auf natürliche Rhythmen stützen zu können", erklärte Marcus Harke, Vorsitzender des Evangelischen Dienstes (EDL) auf dem Lande der EKD am Donnerstag. Die weltgrößte Messe für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau hat am Freitag begonnen und endet am 26. Januar. Die beiden Kirchen präsentieren sich schon seit 1993 gemeinsam auf der Internationalen Grünen Woche.

Zum diesjährigen Angebot der Kirchen gehören zwei tägliche Kurzandachten und ein ökumenischer Gottesdienst am Sonntag in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Mit Podiumsdiskussionen, Spielen und Informationen am Kirchenstand im Erlebnisbauernhof will der EDL gemeinsam mit der Katholischen Landvolkbewegung die wohltuenden und zugleich wirtschaftlich sinnvollen Rhythmen der Landwirtschaft wieder ins Bewusstsein der Besucher rücken.

Erdbeeren unterm Tannenbaum

"Jeder Tag kann durch gemeinsame Mahlzeiten Struktur erhalten, jede Woche braucht den Wechsel zwischen Arbeit und Ruhe, jedes Jahr beschenkt uns mit dem Rhythmus der Natur, im Wachsen, Reifen und Vergehen", erklärt Harke, der auch Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises An Nahe und Glan ist. Dies werde jedoch kaum noch sichtbar, wenn es etwa zu Weihnachten Spargel und Erdbeeren gebe. Die Kirche gehe auch auf die globalen Zusammenhänge und Auswirkungen der landwirtschaftlichen Produktion ein.

Zum Auftakt der diesjährigen Grünen Woche hat ein breites Bündnis aus Bauernverbänden, Umwelt- und Entwicklungshilfeorganisationen für Samstag in Berlin eine Demonstration für ein Umdenken in der Agrarpolitik angekündigt. Zu dem Protestzug vom Potsdamer Platz zum Bundeskanzleramt erwartet die Kampagne "Wir haben Agrarindustrie satt" rund 20.000 Menschen.

Kritik an Massentierhaltung

Der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Anton Hofreiter, warnte zum Auftakt der Grünen Woche vor einer weiteren Industrialisierung der Landwirtschaft. "Wir müssen weg von nicht artgerechter Massentierhaltung und unkontrollierter Gentechnik", sagte er der dpa.

Der bayerische Agrarminister Helmut Brunner (CSU) warnte die Bauern am Freitag, den Dialog mit Kritikern abzubrechen. "Es ist wichtig, dass man auch Meinungen ernst nimmt, die in eine andere Richtung gehen." Bauernpräsident Joachim Rukwied hatte am Vortag angekündigt, die Branche sei nicht mehr bereit, über "Kampfthemen" mit Menschen zu diskutieren, die eine andere Landwirtschaft wollten. Er warf einem Teil der Kritiker vor, bewusst Ängste zu schüren.

"So eine Diskussion lässt sich nicht auf Befehl beenden§, sagte NRW-Ressortchef Johannes Remmel (Grüne) am Freitag und verlangte, die Fragen von Umweltverbänden ernst zu nehmen. "Denn das sind die Fragen der Bürgerinnen und Bürger." Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, sagte: "Wir reichen so oft die Hand in Richtung Landwirte, und ich finde, Herr Rukwied sucht immer noch nur den Rohrstock, um auf die Hand draufzuhauen."

Zu Beginn des traditionellen Eröffnungsrundgangs liefen zwei Demonstranten laut rufend vor die Kameras und protestierten vor Minister Friedrich und dem Berliner Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) gegen Massentierhaltung. Am Freitagnachmittag kamen etwa 30 Demonstranten mit Trommeln und Glocken ins Internationale Congress Centrum (ICC) am Messegelände und protestierten gegen intensive Fleischproduktion. Auf Transparenten stand ironisch "Größere Tierfabriken" oder "Tiere fühlen nichts".

In Deutschland schrumpft die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe weiter. Zwischen 2010 und 2013 hat jeder 20. Betrieb aufgegeben, wie aus einer am Freitag vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Erhebung hervorgeht. Ausnahme sind Höfe mit ökologischem Anbau, deren Zahl um neun Prozent auf 18.000 zulegte. Insgesamt waren bei nahezu unveränderter Anbaufläche im vergangenen Jahr noch 285.000 Betriebe aktiv - 5 Prozent weniger als 2010. Die Zahl der Agrar-Beschäftigten sank um 6 Prozent auf rund eine Million.


Quelle:
dpa , epd