Kirche2Go - Heiland

Fromme deutsche Sprache

An Weihnachten nennt man ihn wieder häufiger den Heiland: Jesus Christus ist gemeint. Doch es handelt sich dabei um eine rein deutsche Wortschöpfung. Eine Übersetzungsvariante, die durchaus umstritten ist.

Der Heiland ist geboren / © Harald Oppitz (KNA)
Der Heiland ist geboren / © Harald Oppitz ( KNA )

Das Wort "Heiland" taucht erst im 9. Jahrhundert im Zuge der ersten Bibelübersetzungen ins Deutsche auf. Die Bibelübersetzer setzten Heiland an die Stelle des griechischen Wortes: "soter", was zu deutsch eigentlich "Retter" bedeutet. Doch diese setzte sich im deutschen Sprachraum dann schnell durch – auch außerhalb von Bibeltexten, wenn Jesus beispielsweise oft als Heiland der Welt bezeichnet wurde.

Hier wird schon deutlich: es geht bei dieser Wortschöpfung Heiland nicht nur um eine reine Übersetzung sondern damit sollte auch ein ganz spezieller Aspekt im Leben und Wirken Jesu herausgehoben werden. Der Bibelwissenschaftler Gunter Fleischer erklärt: "Mit dem Wort Heil verbindet man auch die Vorstellung des Arztes, der heilt. Das heißt: in Jesus sieht man den Seelenarzt. Die Kommunion in der Heiligen Messe als Begegnung mit dem Heiland kann dann auch als Medikament, als Arznei verstanden werden."

Aus einer Zeit, in der die Innerlichkeit überbetont wurde

Wenn Jesus als Heiland bezeichnet wird, geht es also vor allem um eine innerliche Beziehung zwischen dem Betenden und Jesus. Das Wort Heiland hat dann einen therapeutischen Charakter: Die innerliche Beziehung zu Jesus kann heilend wirken oder das Leben in die richtige Bahn lenken. Ein wichtiger Aspekt im Hinblick auf Jesus Christus. "Aber: es ist ja nicht das Einzige, was Jesus auszeichnet", wirft Gunter Fleischer ein und weist auf die Kehrseite dieser Übersetzungsvariante hin: "Es hat die Gefahr, und das ist zum Teil in evangelischen Strömungen dann besonders erkennbar, dass auf einmal der Glaube sehr reduziert wird auf eine reine Innerlichkeit."

Und so wird das Wort Heiland auch kennzeichnend für den so genannten Pietismus, eine Frömmigkeitsform aus dem evangelischen Raum. Vor allem im 18. und 19. Jahrhundert wird Jesus dort fast nur noch als der Heiland bezeichnet, was einer Überbetonung des privaten Charakters des Glaubens gleich kommt. Weil Jesus aber nicht nur innerlich wirkt, sondern in seiner Person auch die Aufforderung liegt zum Wirken nach außen, in die Welt, plädiert Gunter Fleischer für die ursprünglichere Übersetzung "Retter", denn "wenn der Retter kommt, dann will er auch die Welt verändern, schon jetzt. Und weil Heiland eben nur eine Dimension umfängt und weniger das Ganze umschreibt, hat man sich dann doch entschieden in der Einheitsübersetzung wieder mit Retter zu übersetzen."

Bibelübersetzungen haben den Heiland wieder gestrichen

Die Einheitsübersetzung ist die von evangelischen und katholischen Theologen gemeinsam erarbeitete Bibelfassung aus den 1960er und -70er Jahren. Seit dem ist der Retter als Übersetzung für das griechische Original wieder etabliert, wie zum Beispiel an ganz bekannt Stelle im Weihnachtsevangelium des Lukas. Dort lautet die Verkündigung der Engel: "Heute ist euch der Retter geboren" (Lukas 2,11). Fleischer meint, man könnte an dieser Stelle auch sagen: Heute ist euch der Heiland geboren, wie es in älteren Weihnachtsliedern durchaus noch der Fall ist. "Es wäre richtig, es würde nichts wegnehmen, aber es wäre zu wenig."

Darum plädieren heute nicht wenige Theologen dafür, beide Begriffe für Jesus zu verwenden, auch wenn in den aktuellen Bibelübersetzungen das Wort Heiland nicht mehr zu finden ist.