Wachsende Gewalt, der Umgang mit Migranten, die Suche nach Vermissten: Die katholische Kirche in Mexiko geht mit der Politik des linkspopulistischen Präsidenten Andres Manuel Lopez Obrador schon seit längerem hart ins Gericht. Nun aber erweiterte die Erzdiözese Guadalajara in einem Beitrag für ihr Magazin "El Seminario" die Kritik.
Weil Lopez Obrador zuletzt mit Witzen auf die ernste Lage reagierte und auch mal bei einer Pressekonferenz bei dem Thema lachte, kritisierte ihn das Magazin als "Presidente chiste" (etwa: "Witz-Präsident").
Papst als Ansprechpartner statt Bischöfen
Die Formulierung machte in mexikanischen Medien die Runde und erreichte schließlich in dieser Woche die morgendliche Pressekonferenz, mit der Lopez Obrador in der Regel seinen Arbeitstag beginnt. Er respektiere die Meinung der mexikanischen Bischöfe, denn "sie haben das Recht zu demonstrieren und sich zu äußern", sagte Lopez Obrador. Meinungsfreiheit werde in Mexiko geachtet.
Dann aber griff er zu einem rhetorischen Kniff, mit dem er die mexikanische Ortskirche als für ihn nicht zuständig vorführte. Für ihn sei Papst Franziskus Ansprechpartner und Leitfigur, nicht die lokalen Bischöfe und Kardinäle: "Sie wissen, dass ich mich von der Meinung von Papst Franziskus leiten lasse, und ich sympathisiere mit der Denkweise des Papstes; denn er ist immer für Gerechtigkeit, für die Demütigen, für die Gedemütigten, er ist nicht für die Oligarchen, er ist nicht für die Mächtigen. Er ist ein echter christlicher Seelsorger, und ich respektiere ihn."
Indirekt spricht Lopez Obrador damit der Kirche in Mexiko die Zuständigkeit ab, sich zu politischen Entwicklungen zu äußern oder sie gar zu kritisieren. Für Lopez Obrador gilt nur, was der Papst sagt und der kommentiert nur äußerst selten innenpolitische Entwicklungen.
Wachstum des organisierten Verbrechens
Es kriselt schon lange zwischen Staat und Kirche. Dabei wird AMLO, wie ihn seine Anhänger nennen, sowohl aus dem progressiven als auch aus den konservativen Flügeln der Kirche kritisiert. Vor allem die wachsende Kriminalität macht Kirchenvertretern Sorgen: "Das organisierte Verbrechen wächst weiter.
Das organisierte Verbrechen steht aber keiner ernsthaften Strategie des Landes gegenüber. Man glaubt, dass man durch die Einbindung der Armee die organisierte Kriminalität stoppen kann, aber das ist ein Irrtum", sagte der weit über die Grenzen des Landes bekannte Menschenrechtsbischof Raul Vera Lopez jüngst der Katholischen Nachrichten-Agentur. Die Präsidenten, die daran geglaubt hätten, hätten sich alle getäuscht.
"Die Armee ist dazu da, Mexiko gegen äußere Feinde zu verteidigen, ist aber kein Experte für die zivile Sicherheit oder die Sicherheit der Bürger", so Vera. Seiner Meinung nach hätte die Regierung schon vor Jahren eine Spezialeinheit der Polizei aufstellen müssen, die sich auf die Bekämpfung der organisierten Kriminalität spezialisiere.
Tötungsdelikte steigen ebenfalls an
Offen ausgebrochen war der Streit zwischen Präsident und Kirche über die Sicherheitspolitik im Land, nach dem im Juni 2022 zwei Jesuiten von einem Auftragsmörder getötet worden waren. Die Kirche bezeichnete die Sicherheitsstrategie der Regierung daraufhin als einen Fehlschlag. Von Januar bis Dezember 2022 wurden in Mexiko rund 32.200 Tötungsdelikte registriert. Landesweit lag die Rate damit bei 25 solcher Taten pro 100.000 Einwohner.
Vor seinem Wahlsieg 2018 hatte Lopez Obrador versprochen, mit einer neuen Sicherheitspolitik die Gewalt im Land zu bekämpfen. Allerdings erreichte sie unter seiner Ägide neue Höchstwerte. 2024 endet die Amtszeit nach sechs Jahren; die Verfassung verbietet eine neuerliche Kandidatur.