Kirche kritisiert Körperwelten-Ausstellung

Der Menschenwürde nicht gerecht

Zum ersten Mal seit fünf Jahren ist ab diesem Wochenende in Deutschland eine "Körperwelten"-Ausstellung des Anatomen Gunther von Hagens zu sehen.

Autor/in:
Volker Hasenauer
 (DR)

Und die Wanderausstellung bleibt umstritten. Kritik kommt u.a. von der katholischen Kirche. Ein Toter ohne Haut reitet ein sich aufbäumendes Pferd. Ein Leichnam mit durchtrainierten Muskeln spielt Basketball. Die umstrittenen Inszenierungen toter Körper des Anatomen Gunther von Hagens sind zurück. Erstmals seit fünf Jahren öffnet am Samstag in Heidelberg eine neue Körperwelten-Ausstellung. Mit 200 aus Körperteilen modellierten Skulpturen will der exzentrische Mediziner zahlende Besucher zu einer "Selbstentdeckungsreise" einladen. Was von Hagens als medizinische Aufklärungsarbeit beschreibt, verurteilen Kritiker jedoch als Verletzung der Totenruhe und voyeuristischen Klamauk.

Von Hagens mache den Leichnam zum bloßen Objekt wirtschaftlicher Aktivitäten und Gegenstand einer Sensationslust, sagte etwa der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Freiburg. "Eine solche Instrumentalisierung wird der Würde des Menschen nicht gerecht, die auch über den Tod hinaus gilt."

Aufwendig gestaltete Posen
Wie schon bei den ersten Körperwelten-Ausstellungen, die in Deutschland zwischen 1997 und 2004 Hunderttausende Besucher anlockten, zeigt von Hagens nun in Heidelberg wieder aus Leichenteilen modellierte Skulpturen in teils aufwendig gestalteten Posen.

Alle Ausstellungsstücke sind Teile menschlicher Körper, die mit Hilfe der Plastination haltbar gemacht wurden. Bei diesem von dem Mediziner entwickelten Verfahren wird dem Präparat Flüssigkeit entzogen und durch spezielle Kunststoffe ersetzt. Leichenteile werden damit konserviert und formbar. Muskeln können aufgeklappt und Knochen freigelegt werden.

Zollitsch: Die Schau ist aus meiner Sicht mehr Klamauk
Von Hagens nimmt nun mit der neuen Ausstellung für sich in Anspruch, einen "Ort der Aufklärung und der inneren Einkehr, einen Ort philosophischer und religiöser Selbsterkenntnis" zu schaffen. Dem widersprechen die Kirchen. Statt Aufklärung und Selbsterkenntnis seien die Ausstellungen eher als makabre und groteske Zurschaustellung menschlicher Körper zu werten, urteilt der katholische Moraltheologe Eberhard Schockenhoff. Körperteile seien zu "bloßem Material eines exzentrischen Darstellungswillens" geworden. "Die Schau ist aus meiner Sicht mehr Klamauk, als dass sie ein ernsthaftes Auseinandersetzen mit sich selbst ermöglichte", so der Freiburger Theologe.

Von Hagens lässt sich durch Kritik und öffentliche Empörung bislang nicht davon abhalten, immer neue Skulpturen aus menschlichen Körpern zu schaffen. Seinen Angaben zufolge gibt es derzeit parallel fünf Wanderausstellungen, die durch Europa, Asien und Nordamerika touren. Insgesamt sollen von Hagen zufolge in den vergangenen 13 Jahren mehr als 26 Millionen Menschen eine der Körperwelten-Ausstellung gesehen haben.

Wieder in Heidelberg angekommen
Auch eine Strafanzeige gegen den in Posen geborenen 63-Jährigen beirrte von Hagens nicht. Ihm wurde vor fünf Jahren vorgeworfen, nicht ausschließlich Körper von freiwilligen Spendern benutzt zu haben. Vielmehr seien auch Leichen ungeklärter Herkunft und gar Opfer von Straftaten sowie die Leichen Hingerichteter aus China benutzt worden. Bewiesen wurden die Vorwürfe nicht. 2004 stellte die Staatsanwaltschaft Heidelberg das Verfahren ein. Heute betreibt Hagens ein eigenes Körperspendeprogramm, um Freiwillige zu suchen, die ihren Leichnam für die Plastination zur Verfügung stellen.

Mit der neuen Ausstellung ist von Hagens wieder in Heidelberg angekommen, dort, wo er Ende der 1970er Jahre das Plastinationsverfahren entwickelte. Die Argumente gegen die Leichenschau sind die gleichen geblieben. Aber vielleicht, so vermutet Moraltheologe Schockenhoff, habe sich die Gesellschaft seit der ersten Ausstellung vor 13 Jahren auch verändert und an den Tabubruch gewöhnt, so dass die Proteste genauso wie das Publikumsinteresse nicht mehr besonders groß sein werden. "Die Kirchen jedenfalls sollten sachlich auf die moralischen Einwände hinweisen, aber von Hagens nicht den Gefallen tun, durch laute Proteste noch Werbung für die Schau zu machen."