Kinderschutzbund zum Geburtenrückgang in Deutschland

Immer weniger Kinder

Ob Elterngeld oder Vätermonate – trotz Förderung leben in Deutschland immer weniger Kinder. "Das ist mit politischen Maßnahmen nicht zu machen", bewertet der Präsident des Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers. Im domradio.de-Interview spricht er über die Gründe für den Geburtenrückgang und warnt vor den Risiken einer wachsenden Armutsquote.

 (DR)

"Eine junge intelligente Frau entscheidet sich nicht für ein Kind, weil es Elterngeld gibt, sondern die wirkliche Entscheidung fällt auf der Beziehungsebene", gab Hilgers  am Mittwoch im domradio.de-Interview zu bedenken.



Wachsende Armutsquote birgt Risiken

Das Problem sei laut Kinderschutzbund nicht nur der demografische Wandel, sondern eine wachsende Armutsquote. "Wir müssen endlich aufhören von Kindern zu träumen, die nicht geboren werden, sondern wir müssen endlich damit beginnen, uns um die Kinder zu kümmern, die tatsächlich geboren worden sind", so der Präsident des Kinderschutzbundes. Hilgers fordert eine kostenlose Bildung - von der Kita bis zur Uni.  

Das kinderärmste Land Europas

"Deutschland ist inzwischen das kinderärmste Land Europas", sagte der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Roderich Egeler, am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung eines Berichts zur Situation der Kinder. Demnach lag der Anteil der unter 18-Jährigen an der Gesamtbevölkerung im vergangenen Jahr bei nur noch 16,5 Prozent. 15 Prozent der Kinder in Deutschland, also jedes sechste Kind, ist dem Bericht zufolge von Armut bedroht. --


Nach den Ergebnissen des Mikrozensus lebten im Jahr 2010 rund 13,1 Millionen minderjähriger Kinder in Deutschlands Haushalten. Vor zehn Jahren, im Jahr 2000, war diese Zahl um 2,1 Millionen höher. In Westdeutschland ist die Zahl der Kinder seit 2000 um zehn Prozent, in Ostdeutschland um 29 Prozent gesunken. Diese Entwicklung wird sich nach den Berechnungen der Statistiker weiter fortsetzen. --


Die meisten von Armut bedrohten Kinder leben in Haushalten von Alleinerziehenden--
Als armutsgefährdet gilt ein Kind, wenn das Netto-Einkommen im Elternhaus unter dem Schwellenwert von 11.151 Euro pro Jahr liegt. Die meisten von Armut bedrohten Kinder leben in Haushalten von Alleinerziehenden. Egeler wies aber daraufhin, dass Kinder in Deutschland nicht stärker armutsgefährdet sind als der Durchschnitt der Bevölkerung.--
--
Egeler hob hervor, dass bei den Familienstrukturen in Ost und West erhebliche Unterschiede bestehen. Während ein Kind im Westen in 79 Prozent der Fälle in "klassischen Familienverhältnissen" bei verheirateten Eltern aufwächst, leben Kinder im Osten häufiger bei ihren unverheirateten Eltern oder nur bei einem Elternteil. --
--
Bei 51 Prozent der minderjährigen Kinder im Bundesgebiet gingen beide Elternteile einer beruflichen Tätigkeit nach, bei 38 Prozent war nur ein Elternteil berufstätig und bei elf Prozent ging keiner der Eltern arbeiten. Je jünger Kinder sind, desto häufiger geben insbesondere Mütter ihre Erwerbstätigkeit vorübergehend auf. So waren nur noch bei 28 Prozent der Kinder unter drei Jahren beide Elternteile berufstätig. --


Betreuungsangebot für Kleinkinder ist gestiegen--
Das Angebot an Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren ist den Angaben zufolge in den vergangenen Jahren in gestiegen. 2006 betrug die Betreuungsquote im Bundesgebiet noch 14, im März 2010 bereits 23 Prozent. Um das Ziel der Bundesregierung zu erreichen, bis 2013 insgesamt 750.000 Betreuungsplätze für unter Dreijährige zur Verfügung zu stellen, müssten bis dahin noch rund 280.000 Plätze zusätzlich geschaffen werden, sagen die Statistiker. --


Mit 25 Jahren wohnte im Jahr 2010 nur noch etwa jede fünfte junge Frau bei den Eltern. Bei den Söhnen waren es hingegen noch 38 Prozent. Auch mit 30 Jahren wohnt noch etwa jeder achte Mann (13 Prozent) bei den Eltern, bei den Frauen nur noch jede zwanzigste. --
--
Schwerpunkt des Berichts sind die Daten des Mikrozensus 2010, der größten jährlichen Haushaltsbefragung in Deutschland und Europa. Darüber hinaus wurden Statistiken zu Bildung, Kinderbetreuung und Kinder- und Jugendhilfe sowie der europaweiten Erhebung über Einkommen und Lebensbedingungen verwendet. --
--