Kirche in Peru fordert Untersuchungen im politischen Chaos

"Keine Toten mehr"

Ein Land im Durcheinander: Während Perus Übergangspräsident Manuel Merino bereits nach fünf Tagen im Amt schon wieder zurückgetreten ist, beginnen die politischen Aufräumarbeiten nach der Krise. Und die Kirche meldet sich zu Wort.

Autor/in:
Tobias Käufer
Nach der Amtsenthebung des Präsidenten in Peru / © Rodrigo Abd (dpa)
Nach der Amtsenthebung des Präsidenten in Peru / © Rodrigo Abd ( dpa )

Ein erster Schritt aus der politischen Krise in Peru ist gemacht. Schon nach fünf Tagen im Amt ist Übergangspräsident Manuel Merino am Sonntag (Ortszeit) nach tagelangen Protesten zurückgetreten. Zuvor hatte angesichts der Unruhen in dem südamerikanischen Land der spanisch-peruanische Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa die Absetzung als unabdingbar bezeichnet. Eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger ist noch nicht gefunden.

Der oder die muss laut dem Vorsitzenden der Peruanischen Bischofskonferenz, Erzbischof Miguel Cabrejos, ein ganz bestimmtes Anforderungsprofil erfüllen. Die ausgewählte Person, die das Land zumindest bis zu den Wahlen führen soll, müsse vor allem neues Vertrauen schaffen. Im Kongress wie in der Bevölkerung.

Vorfälle rund um Demonstrationen müssten untersucht werden

Zugleich forderte Cabrejos, dass die Vorfälle rund um die Demonstrationen untersucht werden müssten. "Tote, Verletzte, Verschwundene. Das darf nicht ungestraft bleiben. Keine Toten mehr", sagte der Erzbischof von Trujillo in einem Interview mit RPP Noticias. Darin stellte er vor allem das Engagement der jungen Peruaner bei den Protesten heraus.

Ähnlich hatte sich zuvor Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa geäußert. Statt Merino müsse ein Unabhängiger wie beispielsweise der Kongressabgeordnete Gino Costa das Land bis zu den Präsidentschaftswahlen 2021 führen, sagte der 84-Jährige der Tageszeitung "El Comercio".

Unabhängiger sollte Präsident werden

Costa sei geeignet, weil er "wirklich unabhängig" und einer der wenigen Parlamentarier gewesen sei, die in der vergangenen Woche gegen die Amtsenthebung von Präsident Martin Vizcarra gestimmt habe, sagte Vargas Llosa. Damit habe er die Bedingungen verantwortlichen Handelns erfüllt. Ob es dazu kommt, steht auf einem anderen Blatt.

Limas Erzbischof Carlos Castillo stellte sich ebenfalls hinter die Studenten. Von den jungen Leuten sei keine Gefahr ausgegangen. Stattdessen gebe es Hinweise auf gezielte Infiltrationen der zunächst friedlichen Proteste. "Das sei ethisch nicht korrekt", so Castillo. Es sei das Bewusstsein notwendig, zu erkennen, dass das Land vor einem tiefgreifenden Problem stehe, und dass die Korruption, die Peru erlebe, sehr schwerwiegend sei.

Seit Tagen sind Unruhen im Land

Das Land wird seit einigen Tagen von heftigen Unruhen erschüttert. Zehntausende Menschen gingen auf die Straße, um gegen die Absetzung Vizcarras und die Ernennung von Merino zu demonstrieren. Laut örtlichen Medienberichten kamen dabei am Samstag zwei Menschen ums Leben; mehr als 100 Personen wurden verletzt, mehr als 40 Personen werden noch vermisst.

Mahnwachen erinnern an getötete Demonstranten

Am Sonntag erinnerten zahlreiche Mahnwachen im ganzen Land an die getöteten Demonstranten. Die Universitäten in Lima setzten den Unterricht in Gedenken an die Todesopfer aus. Derweil kündigten Menschenrechtsorganisationen an, Merino und seinen Regierungschef Antero Flores Araoz wegen der beiden Toten juristisch zur Rechenschaft ziehen zu wollen. Die Nationale Polizei kündigte unterdessen an, mit einer Sondereinheit nach den vermissten Menschen aus der Protestnacht von Samstag auf Sonntag zu suchen.

Die Parlamentarier entzogen Vizcarra wegen «moralischer Unfähigkeit» und Korruptionsvorwürfen die Amtsgeschäfte. Vizcarra weist die Vorwürfe zurück. Allerdings steht ein Großteil der Kongressabgeordneten selbst unter Korruptionsverdacht. Inzwischen ist ein Teil der Minister der neuen Regierung zurückgetreten. Der Flughafen in Lima wurde zwischenzeitlich gesperrt, offenbar um eine Flucht Merinos zu verhindern. Im April 2021 stehen Präsidentschaftswahlen an. Bis dahin muss das Land nun eine neue Übergangsregierung bekommen.


Heftige Unruhen in Peru / © Martin Mejia/AP (dpa)
Heftige Unruhen in Peru / © Martin Mejia/AP ( dpa )

Perus Übergangspräsident Manuel Merino / © Luis Iparraguirre/AP (dpa)
Perus Übergangspräsident Manuel Merino / © Luis Iparraguirre/AP ( dpa )

Mahnwache zur Erinnerung an getötete Demonstranten / © Rodrigo Abd/AP (dpa)
Mahnwache zur Erinnerung an getötete Demonstranten / © Rodrigo Abd/AP ( dpa )
Quelle:
KNA
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