Katholisches Büro Bremen blickt auf Bürgerschaftswahl

"Bin froh, wenn der Wahlkampf vorbei ist"

Das Bundesland Bremen wählt an diesem Sonntag ein neues Landesparlament. Dabei wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der CDU und der SPD erwartet. Das Katholische Büro Bremen blickt im Vorfeld der Wahl auf die Ausgangslage.

Wahlkampf Bürgerschaftswahl Bremen / © Sina Schuldt (dpa)
Wahlkampf Bürgerschaftswahl Bremen / © Sina Schuldt ( dpa )

DOMRADIO.DE: Am Sonntag wird in Bremen gewählt. Ist das für Sie als Vertreter der Kirche wichtig, welche Partei gewählt wird? Oder arbeiten Sie am Ende mit allen gleich gut zusammen?

Propst Dr. Bernhard Stecker (Leiter des Katholischen Gemeindeverbands in Bremen und Leiter des dortigen Katholischen Büros): Wenn ich die letzten vier Jahre anschaue, haben wir mit Mitgliedern aller Fraktionen zusammengearbeitet. Mit manchen gibt es Überschneidungen, mit manchen weniger Überschneidungen. Bei manchen ist es menschlich auch einfach sehr gut, bei anderen ist es etwas schwieriger. Es gibt auch in den Fraktionen große Unterschiede, wie man das manchmal im Kommunalen auch kennt.

Ich darf ganz persönlich sagen, dass ich auch froh bin, wenn der Wahlkampf vorbei ist. Ich bin relativ nah dran und bekomme sehr intensiv die Emotionalität mit, die damit verbunden ist. Ich finde es schon gut, wenn es jetzt endlich zur Wahl kommt.

Propst Dr. Bernhard Stecker

"Das ist für mich noch etwas eine Wundertüte."

DOMRADIO.DE: Die AfD kommt wegen formaler Fehler nicht auf den Wahlzettel in Bremen. Eine andere rechtspopulistische Partei, die Gruppierung "Bürger in Wut" (BIW), hat aber gute Chancen, dabei zu sein. Wie stehen Sie als Kirche zu dieser Partei?

Stecker: Ich kann relativ wenig zu der Partei sagen. Bisher war das eine kleine Gruppe von Einzelpersonen, die in der Bürgerschaft vertreten waren und die Interessen aus Bremerhaven vertraten. Das ist dort aus einer Bürgerinitiative entstanden. Durch die besondere Lage der AfD, dass sie nicht antreten kann, bekamen die "Bürger in Wut" bundesweite Unterstützung von einer Organisation und sind jetzt im ganzen Land Bremen angetreten.

Man darf sich das nicht so vorstellen, dass sie ein ausgefeiltes Programm haben, denn das sind Einzelpersönlichkeiten, die bestimmte Dinge einen. Aber es gibt kein stringentes Programm. Ich könnte zum Beispiel nicht sagen, was die zur Bildungspolitik oder zur Industriepolitik sagen. Da wird man nicht überall Antworten finden. Es ist noch ein bisschen schwer, das einzuschätzen.

Ich bin deswegen auch etwas gespannt, wie die sich nach der Wahl in einzelnen Fragen der Landespolitik positionieren werden. Das ist für mich noch eine Wundertüte.

DOMRADIO.DE: Es bleibt abzuwarten, wie sich die demokratischen Parteien dann von der BIW abgrenzen oder auch nicht abgrenzen.

Stecker: Ich denke, dass es keine Koalitionen geben wird, so wie das auch bundesweit der Trend ist. Das haben die Parteien soweit ausgeschlossen, sodass es auf die anderen Fraktionen ankommen wird, welche Koalition am Ende in der Bürgerschaft gebildet wird.

DOMRADIO.DE: Schauen wir mal so konkret auf ein paar Themen. Das Thema Schule treibt sie um, weil die Kirche da auf verschiedene Weise mitbeteiligt ist. Es hat in der Vergangenheit Diskussionen um deren Finanzierung gegeben. Welche Hoffnung haben Sie da für die nächsten Jahre?

Stecker: Es ist im Land Bremen so, dass wir fünf katholische Schulen haben, vier Grundschulen und eine weiterführende Schule. Es gibt darüber hinaus noch andere Schulen in freier Trägerschaft. Wir haben uns auch zusammengetan und gemeinsam die Interessen vorgetragen, weil es im Land Bremen eine deutliche Unterfinanzierung gibt. Die zahlen ausschließlich die Personalkosten und nicht die immer noch steigenden Sachkosten, sodass wir gut 50 Prozent am Ende selber tragen. Das ist für uns eine enorme Belastung.

Wir wollen diese Schulen betreiben und wir werden die auch weiter betreiben, aber wir brauchen eine andere Basis in der Finanzierung. Das haben wir auch jenseits des Wahlkampfs schon von Anfang an sehr deutlich gemacht. Das ist seit Jahrzehnten so. Das drückt uns mehr, weil die finanziellen Mittel der Kirche kleiner und schwächer werden und wir darum immer mehr unter Druck geraten, hier eine Änderung herbeizuführen.

Ich erlebe bei der Politik und bei der Verwaltung Menschen, die dafür auch ein offenes Ohr haben, weil die merken, dass zum Beispiel durch den Zuzug der Menschen nach Bremen und durch die Geflüchteten, die wir bei uns haben, der Bedarf an Schulplätzen enorm steigt und die gar nicht ohne uns auskommen. Das ist meine Wahrnehmung. Aber das ist noch nicht überall durchgedrungen.

Es gibt manchmal an einigen Stellen auch eine Art ideologischer Verblendung. Das zeigt sich indem sie sagen, dass sie keine Schulen in freier Trägerschaft wollen. Sie wollen vielmehr, dass das alles vom Staat gemacht wird. Und das, obwohl das Ergebnis der staatlichen Schulen nicht so überzeugt, obwohl es da auch gute Schulen gibt. Das muss man ehrlich sagen.

Propst Dr. Bernhard Stecker

"Da wird auch das, was die Kirche leistet, sehr wohl gesehen und wahrgenommen und auch anerkannt."

DOMRADIO.DE: Der Wirtschaft geht es gut. Gleichzeitig gibt es viele Schulden und die Arbeitslosigkeit ist hoch. Im Sozialen ist die Kirche auch stark engagiert. Woran liegt diese Diskrepanz? Und wie groß ist der Bedarf in Bremen, wenn Sie vielleicht einen Blick auf andere Bundesländer werfen?

Stecker: Wir haben sicherlich vor allen Dingen in Bremerhaven, aber auch in Bremen ein hohes Armutsrisiko. Es gibt unheimlich viele Menschen, die am Rande leben. Das hat viele Gründe. In den Großstädten sind Arm und Reich generell immer etwas schärfer voneinander getrennt als in den ländlichen Gebieten. Das ist ein eigenes Problem. Wir haben viele karitative Einrichtungen: Von der Wärmestube bis zu Jugendhilfeeinrichtungen und Pflegeeinrichtungen.

Da ist die Zusammenarbeit mit der Politik und auch mit der Verwaltung sehr gut. Da finden wir auch viele offene Ohren. Es ist ein grundsätzliches Problem, dass wir zu viele Menschen verlieren, die keine Perspektive haben und sich im Grunde auf ein Leben einrichten, das auf Sozialstandards heruntergekommen ist.

Es ist bedrückend, wenn man das erlebt, auch die Kriminalität, die dann manchmal damit einhergeht. Es gibt schon eine Sensibilität in der Politik, daran etwas zu ändern. Das ist übrigens bei allen Parteien, mit denen ich zu tun habe, so. Da wird auch das, was die Kirche leistet, sehr wohl gesehen, wahrgenommen und anerkannt. Das wird an vielen Stellen sehr hervorgehoben.

Propst Dr. Bernhard Stecker

"Ich kann mir mit beiden ein sehr konstruktives und gutes Zusammenwirken vorstellen."

DOMRADIO.DE: Noch ein letzter Blick auf die beiden Spitzenkandidaten: Auf der einen Seite Amtsinhaber Andreas Bovenschulte von der SPD, auf der anderen Seite Frank Imhoff von der CDU. Sie haben gesagt, die Zusammenarbeit hänge von den Menschen, nicht nur von den Parteien ab. Mit wem, denken Sie, können Sie Ihre Vorstellungen, Ihre Wünsche besser umsetzen?

Stecker: Ich kenne beide sehr gut. Ich habe viele gute Gespräche mit Bürgermeister Bovenschulte gehabt. Er ist ein sehr nachdenklicher und kluger Mensch. Aber ich kenne auch den Bürgerschaftspräsidenten Frank Imhoff sehr gut. Der ist ein ganz anderer Mensch, ein ganz anderer Typ. Aber auch er ist sehr überlegt und hat ein gutes Gefühl für das, was die Menschen suchen und fragen und was sie bewegt.

Ich kann mir mit beiden ein sehr konstruktives und gutes Zusammenwirken vorstellen. Das kann ich wirklich so sagen.

Das Interview führte Bernd Hamer.

Das Land Bremen wählt sein Parlament

Das kleinste Bundesland Bremen wählt am Sonntag sein Landesparlament, die Bremische Bürgerschaft. Dabei wird Umfragen zufolge ein enges Rennen erwartet - mit leichtem Vorsprung der Dauerregierungspartei SPD vor der CDU. Damit würden sich die Verhältnisse nach 2019 wieder umkehren. Damals waren die Christdemokraten erstmals in der Hansestadt stärkste Kraft geworden. Sie blieben aber bei der Regierungsbildung außen vor, weil SPD, Grüne und Linkspartei koalierten.

Vor der Wahl der Bürgerschaft in Bremen: Ein Stimmzettel für die Bürgerschaftswahl liegt in den Räumen vom Statistischen Landesamt auf einem Tisch / © Sina Schuldt (dpa)
Vor der Wahl der Bürgerschaft in Bremen: Ein Stimmzettel für die Bürgerschaftswahl liegt in den Räumen vom Statistischen Landesamt auf einem Tisch / © Sina Schuldt ( dpa )
Quelle:
DR