Katholischer Sozialwissenschaftler ruft Parteien zu Einigung in Hartz-IV-Frage auf

"Stellvertreterkriege beenden"

Im Hinblick auf die gescheiterten Verhandlungen zur Hartz-IV-Reform hat Prof. Thomas Schallenberg die Parteien zu einer Einigung aufgerufen. Regierung und Opposition sollten die "Stellvertreterkriege" der vergangenen Wochen beenden, sagte der Theologe gegenüber domradio.de. Wichtig sei es, ein positives Menschenbild zur Grundlage der Entscheidung zu nehmen.

Autor/in:
Michael Borgers
 (DR)

Im Interview mit domradio.de am Dienstag (08.02.2011) appellierte der Leiter der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle in Mönchengladbach an die an den Verhandlungen beteiligten Politikern, sich nicht von "parteipolitischen Erwägungen zerfasern zu lassen".



Der katholische Sozialwissenschaftler lobte die bisher gemachten Vorschläge Ursula von der Leyens. Die Bundesarbeitsministerin fahre einen guten Kurs, indem sie versuche, die Debatte aus parteipolitischen Niederungen herauszuhalten. Grundsätzlich könne man um Details wie beispielsweise die Frage nach der Erhöhung des Regelsatzes "bis zum Sanktnimmerleinstag" diskutieren. "Manche Fragen unlösbar", so Schallenberg.



"Politische und ideologische Gründe"

Dass man sich in den vergangenen Monaten nicht einigen konnte, sei nicht auf grundsätzliche inhaltliche Differenzen zurückzuführen. "Das hat politische und ideologische Gründe." Am Ende komme es darauf an, "zu sehen wie eine Alleinerziehende so leben kann, dass die Kinder in der Schule möglichst wenig benachteiligt werden." Die Politiker sollten bei ihren Erwägungen nicht davon ausgehen, dass jemand den Staat ausnutzen will, sondern von der Grundsicherung leben muss. "Für das allgemeine Menschenbild ist das besser."



Die Bischofskonferenz befände in der Hartz-IV-Frage eine Grundsicherung als "notwendig und gut", so der Sozialwissenschaftler über aktuell laufende Gespräche. Entscheidend sei hier, die Höhe an einem "Existenzminimum" und nicht an einem "Prekariatsminimum" festzumachen. Außerdem müsse der Abstand zum Mindestlohn gewahrt sein.



Die Hartz-IV-Reform als Reaktion auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts war kurz vor Weihnachten am Widerstand der SPD-regierten Länder im Bundesrat vorläufig gescheitert. Seitdem bemüht sich eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe um eine Einigung. Die Bundesregierung will den Regelsatz um fünf Euro auf 364 Euro erhöhen. SPD und Grünen ist das zu wenig. Weitgehend einig sind sich beide Seiten, dass bedürftige Kinder Zuschüsse zu Vereinsbeiträgen, Schulessen und Nachhilfe erhalten sollen.