Katholischer Schulleiter blickt auf verschobene Abi-Prüfung

"Mit Sicherheit verunsichert und nervös"

Rund 72.000 Schüler konnten wegen einer technischen Panne nicht wie geplant am Mittwoch ihre Abiturklausur schreiben. An diesem Freitag wird sie nachgeschrieben, trotz Bahnstreik und muslimischem Zuckerfest. Eine gute Idee?

Abiturprüfungen werden verschoben / © Fabian Strauch (dpa)
Abiturprüfungen werden verschoben / © Fabian Strauch ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sie konnten am Dienstag die Abiturprüfungen noch vom Server runterladen, was in vielen anderen Schulen gescheitert ist?

Diakon Johannes Gillrath / © privat
Diakon Johannes Gillrath / © privat

Diakon Johannes Gillrath (Direktor des katholischen Norbert-Gymnasium in Knechtsteden): Ja, normalerweise werden zwischen 12.00 Uhr und 12.30 Uhr die Daten heruntergeladen. Diesmal hat es länger gedauert. Innerhalb von drei Stunden etwa hatten wir aber die Daten.

DOMRADIO.DE: Warum wurden die Klausuren dann dennoch nicht geschrieben?

Gillrath: Das wurde uns untersagt. Denn einige Schulen hatten das Material, andere Schulen nicht. Angeblich haben Schulen das Material auch teilweise über Mail weitergegeben. Das geht natürlich nicht im Sinne der Geheimhaltung. Wenn die einen das hätten und die anderen nicht, dann wäre es nicht mehr vergleichbar im Sinne des Zentralabiturs.

Von daher erhielten wir Dienstagabend gegen 21.00 Uhr den Hinweis, dass wir Mittwoch nicht schreiben können und die Prüfung auf Freitag verlegt wird.

DOMRADIO.DE: Das heißt, die Abiturklausuren mussten noch mal komplett neu gestellt werden?

Gillrath: Ja, die mussten neu gestellt werden. Da es bei den Naturwissenschaften immer so ist, dass die Fachlehrer bei den vorgegebenen Aufgaben noch einmal unterscheiden und aussuchen, war es noch etwas komplizierter, weil sich die Lehrer am Donnerstag nochmal den ganzen Nachmittag hinsetzen mussten, um die Aufgaben festzulegen, entsprechend auszudrucken und fertig zu machen.

DOMRADIO.DE: Sind die Aufgaben leichter geworden?

Gillrath: Das kann keiner sagen. Ich glaube, das ist immer eine Typsache.

DOMRADIO.DE: Wie haben Ihre Schülerinnen und Schüler darauf reagiert? Was haben Sie mitbekommen?

Diakon Johannes Gillrath (Leiter des Norbert-Gymnasiums in Knechtsteden)

"Es waren sicherlich einige ganz glücklich, zwei Tage mehr lernen zu können. Andere waren mit Sicherheit verunsichert und nervös, wurden vielleicht noch nervöser."

Gillrath: Es waren sicherlich einige ganz glücklich, zwei Tage mehr lernen zu können. Andere waren mit Sicherheit verunsichert und nervös, wurden vielleicht noch nervöser. Es gab auch Leute, die andere Termine für diesen Freitag vorgesehen hatten.

Es gibt Schülerinnen und Schüler, die jetzt zwei Tage hintereinander Klausuren schreiben müssen, was wirklich nicht einfach ist. Wenn man mittags um 14.00 Uhr oder 15.00 Uhr aus der Klausur kommt, dann um 15.00 Uhr, 15.30 Uhr zu Hause ist und sich dann für den nächsten Tag wieder fertig macht, ist das schon schwierig. Ich glaube, da tut es schon gut, dazwischen einen Tag etwas Ruhe zu haben. Das sind sicherlich Probleme.

DOMRADIO.DE: Dann gibt es noch die Musliminnen und Muslime und das Zuckerfest an diesem Freitag. Das ist ungefähr so, als würde man das Abitur auf die Weihnachtsfeiertage legen. Ist das an Ihrer Schule ein Thema?

Diakon Johannes Gillrath (Leiter des Norbert-Gymnasiums in Knechtsteden)

"Also es ist schon eine Sache, die auch ein Schüler sich gut überlegt, ob er das macht."

Gillrath: Bei den wenigen muslimischen Schülerinnen und Schülern, die wir haben, war es kein Thema. Es hat keiner darum gebeten, nicht schreiben zu müssen. Das ist auch verständlich, denn dann bekämen sie einen Nachschreibe-Termin, und wenn sie dann bei einer anderen Klausur in irgendeiner Form krank werden würden, hätten sie zwei Nachreibe-Klausuren. Dann wird es irgendwann schon eng.

Die Schüler überlegen sich aber gut, ob sie das machen wollen.

DOMRADIO.DE: Wie war es für Sie selber und Ihr Kollegium?

Diakon Johannes Gillrath (Leiter des Norbert-Gymnasiums in Knechtsteden)

"Das ist aber nicht so leicht, einen derartig komplexen Vorgang genau auszuprobieren. Ich denke, dass diese technische Situation schwierig geworden ist."

Gillrath: Es war schon ärgerlich. Aber man weiß mittlerweile auch, dass die Sicherheitssysteme und die datentechnische Situation immer komplexer wird. Dann müssten diese Dinge vorher gut ausprobiert werden. Das lässt sich wahrscheinlich auch leicht sagen.

Das ist aber nicht so leicht, einen derartig komplexen Vorgang genau auszuprobieren. Ich denke, dass diese technische Situation schwierig geworden ist.

DOMRADIO.DE: Wie sieht es denn aus? Finden die Prüfungen an diesem Freitag statt?

Gillrath: Ja, nach momentanem Stand ist alles ruhig und wir können den zukünftigen Abiturientinnen und Abiturienten die Daumen drücken und eine Kerzchen anzünden.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Diakon Johannes Gillrath

Seit sieben Jahren ist Johannes Gillrath Leiter des Norbert-Gymnasiums in Knechtsteden. Die Jugendarbeit in seiner Heimat-Gemeinde und das Vorbild von drei sehr unterschiedlichen Geistlichen motivierten ihn dazu, Lehrer und Diakon zu werden.

Diakon Johannes Gillrath / © privat (privat)
Diakon Johannes Gillrath / © privat ( privat )
Quelle:
DR