Katholische Kirche uneins über Datenkauf aus der Schweiz

Datenklau mit oder ohne Segen

Die katholische Kirche in Deutschland zeigt sich gespalten, ob der Staat illegal erworbene Bankdaten aus der Schweiz zur Überführung von Steuerbetrügern ankaufen sollte. Während der Augsburger Weihbischof Anton Losinger von Hehlerei spricht und auf das Rechtsstaatsgebot verweist, hält der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke den Ankauf der Daten unter bestimmten Bedingungen für möglich.

 (DR)

Der «Bild»-Zeitung sagte Jaschke, der Staat sei verpflichtet, Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Losinger dagegen sagte im Deutschlandradio, der Zweck heilige nicht die Mittel. Wenn man eines Tages auf die Idee käme, man könnte mit Folter Gewaltverbrechen aufdecken und eventuell Geiseln befreien, «wo ist dann die Grenze, wenn der Staat sich an das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit nicht mehr hielte?», sagte der Weihbischof. Dagegen hält es Losinger, Mitglied im Deutschen Ethikrat, für denkbar, dass sich Medien einschalten und es auf diesem Wege zu einer Veröffentlichung der Daten kommt.

Jaschke betonte, wer als Steuerbetrüger die Gemeinschaft bewusst schädigt, der begehe aus christlicher Sicht eine Sünde.
Steuerhinterzieher handelten meist nicht aus Not, sondern aus Geiz und Gier. Bei einem Datenankauf des Staates zur Überführung der Betrüger seien allerdings die Motive der Person zu bedenken, die diese Daten verkauft. Denn diese Person handele unmoralisch, wenn sie damit Geld machen will.

«Deshalb müssen Regierung und Steuerfahndung auf jeden Fall die genauen Hintergründe eines solchen Verkaufes und der dahinter stehenden Person klären», verlangte der Weihbischof. Und dann sei zu entscheiden, ob für das Wohl der Gemeinschaft etwas mit vielleicht unmoralischem Hintergrund getan werden soll.

Möllring befürwortet Ankauf von Steuersünder-Daten
Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) hat sich für den Kauf von Steuersünder-Daten ausgesprochen. Es sei «eine Frage der Gerechtigkeit», das jeder seiner Steuerpflicht nachkomme, sagte Möllring am Montag im Deutschlandfunk. Voraussetzung sei jedoch, dass die erworbenen Daten keinem Verwertungsverbot unterliegen. Dies werde derzeit vom Bundesfinanzministerium geprüft.

Eine grundsätzliche Ablehnung des Kaufs sei nicht möglich, sagte Möllring. Wenn es Hinweise über Steuerhinterziehung gebe, «dann müssen wir dem nachgehen». Ein Problem im Falle des Ankaufs sieht der Politiker in möglichen Trittbrettfahrern, die anbieten könnten, Daten zu beschaffen. Es müsse ausgeschlossen werden, dass der Staat zu Straftaten anstifte, um an Daten zu gelangen.

Von der Schweiz forderte Möllring die Unterzeichnung eines Doppelbesteuerungsabkommens, dann «wären solche Hilfsmittel nicht notwendig».

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast forderte die Bundesregierung zum Kauf der Daten auf. «Es ist in diesem Land üblich, dass für Informationen auch Geld gezahlt wird», sagte Künast im Radiosender NDR Info. Zudem würden Geschäfte mit Kriminellen gemacht, etwa bei der Kronzeugenregelung. Mittäter gingen dabei sogar straffrei aus, weil sie Informationen geliefert hätten.

Auch der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Dieter Ondraczek, befürwortet einen Kauf der Daten. «Ich bin der Meinung, der Staat muss das ankaufen», sagte Ondraczek im ARD-«Morgenmagazin». Es handele sich nicht um Hehlerei, da es um Informationen über Straftaten gebe. Es sei «eine andere Sache», ob Geld dafür gezahlt werden müsse, sagte Ondraczek.

Ein Informant hatte dem Bundesfinanzministerium für 2,5 Millionen Euro die Daten von 1500 Steuersündern mit Schweizer Konten zum Kauf angeboten. Experten zufolge könnten damit nachträglich 100 Millionen Euro Steuern eingetrieben werden.