DOMRADIO.DE: Wie stellt sich die konkrete Situation der katholischen Kirche in Österreich dar?
Klaus Prömpers (Journalist in Wien): Wie in vielen Ländern Europas nimmt die Zahl der Mitglieder ab. Gleichzeitig gibt es aber einen kleinen Aufwärtstrend bei den Gottesdienstbesuchern. Gezählt wird an zwei Sonntagen im Jahr – einmal im Herbst und einmal im Frühjahr – in allen Pfarreien, um einen Überblick zu bekommen, wer tatsächlich regelmäßig zur Kirche geht.
Österreich hat rund neun Millionen Einwohner, davon sind etwa viereinhalb Millionen katholisch. Im vergangenen Jahr besuchten rund 372.500 Menschen jeden Sonntag die Messe. Das entspricht elf Prozent mehr als im Vorjahr.
Verglichen mit der Gesamtzahl der Katholiken zeigt sich aber auch hier ein Muster, das wir überall sehen: Sakramente wie Taufe, Kommunion, Firmung, Hochzeit oder Beerdigung bleiben wichtig, dazwischen entstehen jedoch große Lücken.
DOMRADIO.DE: Wenn man nur zweimal zählt, kommt es doch sehr darauf an, welche Tage das sind. An Feiertagen sind die Kirchen voller, an einem normalen Sonntag weniger. Wie aussagekräftig sind solche Zahlen überhaupt?
Prömpers: Sie liefern zumindest ein Schlaglicht auf die Situation: Wen erreichen wir noch, wer bekennt sich zum Glauben und nimmt aktiv teil? Gezählt wird nicht an Feiertagen wie Weihnachten, sondern an gewöhnlichen Sonntagen außerhalb der Ferien. Der Rückgang während der Pandemie ist bis heute nicht vollständig aufgeholt.
Parallel dazu gibt es weniger Priester. In allen zehn Diözesen entstehen immer mehr Pfarrverbände. Ein bis zwei Priester müssen oft drei bis fünf Pfarreien betreuen. Das belastet die Geistlichen und macht die Seelsorge für die Menschen unpersönlicher.
DOMRADIO.DE: Die Bischofskonferenz hat 71.531 Kirchenaustritte gemeldet. Erstmals sind weniger als die Hälfte der Österreicher katholisch. An zweiter Stelle stehen inzwischen die Muslime. Die Kirche denkt über neue Werbemethoden nach. Wie sehen die aus?
Prömpers: Es wurde eine neue Internetplattform eingerichtet. Eine gute Idee, denn Menschen unter 40 lesen kaum noch Zeitungen, hören selten klassisches Radio oder schauen Fernsehen. Sie informieren sich fast ausschließlich online, über Social Media, wo die Kirche in Österreich durchaus präsent ist.
Deshalb gibt es jetzt die Seiten Eintreten.at. Dort finden Interessierte einfache Informationen: Wie geht ein Wiedereintritt, was muss ich tun? Zudem wird Irrtümern widersprochen, etwa der Annahme, man müsse Kirchenbeiträge rückwirkend nachzahlen, wenn man wieder eintritt. Das stimmt nicht. Der Beitrag richtet sich nach dem aktuellen Einkommen und ist nicht übermäßig hoch.
DOMRADIO.DE: Aber jemand muss ja überhaupt erst auf diese Seiten stoßen. Gibt es gezielte Hinweise?
Prömpers: Ja, in vielen Diözesen wird darauf aufmerksam gemacht. Ich habe das selbst getestet: Gibt man die Postleitzahl ein, landet man auf Eintreten.at und erhält Informationen über das konkrete Vorgehen. Wer noch nie Mitglied war und erstmals eintreten möchte, muss durch das Katechumenat. Der Begriff ist vielleicht erklärungsbedürftig, aber die Seiten bieten auch praktische Hinweise: Ansprechpartner, Telefonnummern, E-Mail-Kontakte. Künftig sollen sogar Chatbots erste Fragen beantworten und den Weg zurück in die Kirche erleichtern.
DOMRADIO.DE: Wie groß ist die Chance, dass das funktioniert?
Prömpers: Entscheidend wird sein, ob es gelingt, die jüngeren Generationen über Social Media zu erreichen – etwa über Instagram, WhatsApp oder andere Plattformen. Dort muss die Kirche präsent sein. Dann kann das Angebot zumindest an Bekanntheit gewinnen. Die Algorithmen sind dabei eine Herausforderung, weil sie oft nur Skandale nach oben spülen. Wer aber gezielt nach "Glauben heute" oder Ähnlichem sucht, könnte auf die Seiten stoßen. Es wird sicher einiges an Anstrengung brauchen, aber die Chance ist da, Menschen so wieder für die Kirche zu gewinnen.
Das Interview führte Dagmar Peters.