Katholische Kirche erinnert an christliche Motivation der "Weißen Rose"

Um der Freiheit willen

"Ihr werdet in die Geschichte eingehen, es gibt noch eine Gerechtigkeit". Die tröstenden Worte, die Vater Robert Scholl seinen Kindern Hans und Sophie im Februar 1943 kurz vor ihrer Hinrichtung zuflüsterte, sind Wirklichkeit geworden: 65 Jahre später, am 22. Februar 2008 findet in der ehemaligen Allerheiligen Hofkirche in München ein Gedenkkonzert für die von den Nationalsozialisten ermordeten Mitglieder der "Weißen Rose" statt.

 (DR)

Der Münchener Weihbischof würdigt ihren Idealismus und betont seine religiösen Wurzeln.

Die "Weiße Rose" gehört zu den bekanntesten Widerstandsgruppen gegen den Nazi-Terror. Am 22. Februar 1943 wurden die beiden Geschwister sowie ihr Freund Christoph Probst (23) wegen "Vorbereitung zum Hochverrat, Wehrkraftzersetzung und Feindbegünstigung" hingerichtet.

Roland Freisler, berüchtigter Chef des Volksgerichtshofes, war eigens aus Berlin angereist, um Hans Scholl, seine Schwester Sophie und Christoph Probst zum Tode zu verurteilen. Nur wenige Stunden nach dem Urteil starben die drei in der Haftanstalt Stadelheim unter dem Fallbeil. Willi Graf, Alexander Schmorell und der Musikwissenschaftler Kurt Huber wurden wenige Wochen später hingerichtet.

Katholische Persönlichkeiten prägten "Weiße Rose"
Anders als die Männer des 20. Juli 1944 hätten die Mitglieder der "Weißen Rose" nicht politisch oder strategisch gedacht, auch nicht zum gewaltsamen Umsturz aufgerufen, so der Münchner Weihbischof Engelbert Siebler. Ihr Widerstand sei in erheblichem Maße von einer christlichen Denkweise motiviert gewesen. Die Ehrung dieser jungen Widerstandskämpfer, die um der Freiheit willen ihr Leben gegeben hätten, dürfe nach einem Wort des Theologen und Philosophen Romano Guardini nicht zu einer bloßen Geste werden, so der Weihbischof weiter. Auch heute müssten die Menschen bereit sein, für diese Freiheit einzutreten. Aufgrund ihres christlichen Menschenbildes hätten sich die Geschwister Scholl, Christoph Probst wie auch die anderen Mitglieder der "Weißen Rose" von der nationalsozialistischen Ideologie und deren Organisationen abgewandt. Der Idealismus der jungen Leute damals trage deutliche religiöse Konturen.

Siebler wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Mitglieder des Widerstandskreises in München vor allem mit Persönlichkeiten des katholischen Lebens, so mit dem Herausgeber der bereits 1935 verbotenen Zeitschrift "Hochland", Carl Muth, ferner mit dem Münchner Benediktinerpater und Historiker Romuald Bauerreiß sowie mit dem katholischen Philosophen Karl Haecker intensiven und prägenden Kontakt hatten. Die Predigten des Bischofs von Münster, Clemens August von Galen, seien ein direkter Auslöser für die Flugblattaktionen der "Weißen Rose" gewesen.

"Das Elend sieht uns an"
Bereits Mitte Juni 1942 fanden mehrere hundert Münchener Lehrer, Ärzte, Juristen und Staatsbeamte ein Flugblatt der "Weißen Rose" in ihren Briefkästen. "Wer von uns", so hieß es dort, "ahnt das Ausmaß der Schmach, die über uns und unsere Kinder kommen wird, wenn einst der Schleier von unseren Augen gefallen ist und die grauenvollsten Verbrechen ans Tageslicht treten?" Noch im Sommer 1942 entstanden drei weitere Flugblätter, die überall in Deutschland verbreitet wurden. Plötzlich aber schwieg die "Weiße Rose". Hans Scholl und seine Freunde mussten eine Zeit lang zum Sanitätsdienst an die Ostfront.

Eine prägende Erfahrung: "Das Elend sieht uns an", schrieb Willi Graf, erschüttert über den Anblick des Warschauer Ghettos in sein Tagebuch. Und Hans Scholl notierte: "Ich höre nur Tag und Nacht das Stöhnen der Gequälten." Auch Stalingrad machte neue Widerstandskräfte frei. Fritz Hartnagel berichtete seiner Freundin Sophie Scholl in Briefen von seiner Erschütterung: "Schon die ganze Straße vom Don nach Stalingrad ziehen Tausende von Flüchtlingen, Frauen und kleinen Kindern und alte Männer ohne eine Unterkunft, ohne etwas zu essen." Diese Briefe dürften Sophie Scholl, die ihrem Freund den lebensgefährlichen Einsatz für die "Weiße Rose" verschwieg, in ihrem Widerstand noch bestärkt haben.

Kampf gegen Feigheit und Gleichgültigkeit
"Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende", lautete die Parole auf Flugblättern, die die Geschwister Scholl am 18. Februar 1943 in der Münchner Universität verteilten. Als die Blätter durch den Lichthof flatterten, wurden Hans und Sophie Scholl ertappt. Der Hausdiener der Universität verständigte die Gestapo.

Der Widerstand der "Weißen Rose", als "Aufstand des Gewissens" gedeutet, galt schon kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs als Symbol für das "andere, bessere Deutschland". Allerdings: Zündend hatte ihr Mut an den Universitäten nicht gewirkt. Viele Historiker haben der Gruppe deshalb im Nachhinein vorgeworfen, die politischen Verhältnisse nicht richtig eingeschätzt zu haben. Doch Hans und Sophie Scholl waren sich ihrer Grenzen durchaus bewusst: "Obgleich wir wissen, dass die nationalsozialistische Macht militärisch gebrochen werden muss, suchen wir eine Erneuerung des schwer verwundeten Geistes von innen her zu erreichen", hieß es in einem ihrer Briefe. Ihr Ziel: die Feigheit und Gleichgültigkeit der meisten Deutschen überwinden.