Katholische Kirche bleibt bei ihren moralischen Grundsätzen

"Gott liebt uns wie wir sind"

Das Szenario ist klar. Ein menschelnder Papst auf der einen Seite und eine moralisch scheinbar sture katholische Kirche auf der anderen. Wie geht das zusammen? Was zunächst wie ein Widerspruch wirkt, kann konsequent sein.

Autor/in:
Severina Bartonitschek
Ein Kind mit Behinderung umarmt Papst Franziskus / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Ein Kind mit Behinderung umarmt Papst Franziskus / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

"Gott liebt uns wie wir sind" - das sagte Franziskus einst über Trans-Personen. Die Kirche sei offen für "alle, alle, alle" - ein anderes Mal. Und kürzlich veröffentlichte der Vatikan sogar ein Papier, dass die kirchliche Segnung homosexueller Paare erlaubt. 

Doch nun bleibt die katholische Kirche in einem neuen Vatikan-Dokument zur Menschenwürde strikt bei ihren ethischen Normen, betont die sexuelle Vereinigung von Mann und Frau als einzig richtigen Weg zur Zeugung, lehnt Abtreibungen, Sterbehilfe sowie Geschlechtsumwandlungen ab und erklärt die Gender-Ideologie zur Irrlehre. Wie passt das zusammen?

Erklärung "Dignitas infinitas"

Am Montag veröffentlichte die oberste katholische Instanz für Glaubensfragen die Erklärung "Dignitas infinitas". Darin geht es um die Würde des Menschen. Als von Gott gegeben ist sie unermesslich, unveräußerlich und weder an Umstände noch an Bedingungen geknüpft. So der Standpunkt der Kirche. Mit der ihm geschenkten Freiheit, auch Böses zu tun, kann der Mensch zwar seine sittliche Würde verlieren, die durch seine Existenz gegebene Würde jedoch nie.

Transgender-Symbole / © ADragan (shutterstock)

Nach der katholischen Lehre ist jede Person von Gott und als sein Abbild geschaffen - als Mann oder Frau. Ihr Schöpfer ist es, der ihr mit unendlicher Liebe begegnet und dadurch eben jene unermessliche Würde verleiht. Diese müsse mit Treue anerkannt und mit Dankbarkeit angenommen werden, zitiert das Dokument Papst Franziskus.

Der Mensch darf nicht Gott spielen

Das menschliche Leben ist in all seinen Bestandteilen, körperlich und geistig, ein Geschenk Gottes und kein (kommerzielles) Objekt, über das man selbst oder ein anderer verfügen darf. Mit diesem Grundsatz erschließt sich die erneut betonte kirchliche Ablehnung von Abtreibung, Leihmutterschaft, Sterbehilfe und Geschlechtsumwandlung.

Der Mensch darf nicht Gott spielen - auch nicht für sich selbst.

Diese Aussage trifft auch auf die vom Papst immer wieder scharf kritisierte "Gender-Ideologie" zu. Die von Gott als Mann und Frau erschaffenen Menschen repräsentieren ihren Schöpfer in der Welt und sollen sie auch mittels Fortpflanzung bewahren. Wenn die "Gender-Ideologie" nun laut Vatikan versucht, den Unterschied zwischen den Geschlechtern zu leugnen, besteht die Gefahr, dass die vorherbestimmten Rollen nicht mehr ausgefüllt werden und in Konsequenz kein neues menschliches Leben entsteht.

Schwangere mit Ärztin / © Blue Planet Studio (shutterstock)
Schwangere mit Ärztin / © Blue Planet Studio ( shutterstock )

Der Mensch besitzt seine gottgebene, unendliche Würde bereits im Mutterleib und sie gilt bis zu seinem Tod, wie es in dem Dokument heißt. Ihre Verletzung umfasst jegliche Ungleichbehandlungen aufgrund von Herkunft, Geschlecht, sexueller Orientierung, Religion, körperlicher oder geistiger Einschränkungen. Auch eine selbst begangene schwere Straftat kann sie nicht mindern, weshalb sich die Kirche unter Franzikus strikt gegen die Todesstrafe ausspricht.

Scheinbarer Widerspruch

Das ist auch der Grund, warum Papst Franziskus allen Menschen offen begegnet: Ob Mann oder Frau, hetero-, homo- oder transsexuell, ob Staatschef, Bootsmigrant oder Sexarbeiter, ob Atheist oder Katholik.

Jeder von ihnen ist ein von Gott gewolltes Geschöpf auf dieser Erde.

Der scheinbare Widerspruch zwischen der Zuwendung zu allen und der Ablehnung mancher Praktiken ist also in Wirklichkeit keiner. Oder wie das vatikanische Glaubensdikasterium in der Einleitung von "Dignitas infinitas" schreibt: Aufgeklärt werden sollten "einige Missverständnisse", die häufig in Bezug auf die Menschenwürde aufträten.

Quelle:
KNA