Katholische Bischöfe zum ersten Wochenende der Fastenzeit

Von Chancen und Gefahren des Christseins

Die Debatte um Kirchenreformen und den Dialog zwischen Klerus und Laien standen im Mittelpunkt der Fastenhirtenbriefe zahlreicher Bischöfe am Wochenende. Der Kölner Erzbischof Joachim Meisner erinnerte an die Christenverfolgung in aller Welt.

 (DR)

"Christsein scheint gefährlich zu sein und zu werden", sagte der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner am Samstagabend bei einer Ökumenischen Passionsandacht mit dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, in Düsseldorf. Schon 150 Jahre nach Christus, als sich Herrscher und Kaiser vergöttern und anbeten ließen, seien Christen mit der Staatsautorität in Konflikt geraten. Doch auch heute noch sei das Christentum die am häufigsten unterdrückte Religionsgemeinschaft. "Weltweit werden etwa 100 Millionen Christen wegen ihres Glaubens nicht nur diskriminiert, sondern sogar mit Verfolgung und Todesstrafe bedroht", sagte Meisner laut Predigttext. Er erinnerte an die Ermordung des pakistanischen Ministers für religiöse Minderheiten, Shahbaz Bhatti, in der vergangenen Woche. Der Katholik und einzige Christ in der pakistanischen Regierung war von radikal-islamischen Taliban erschossen worden.



Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige kritisierte das Gesprächsklima in der katholischen Kirche. Von einem wirklichen Dialog könne derzeit keine Rede sein, schrieb Feige in seinem am Samstag veröffentlichten Hirtenbrief zur Fastenzeit. Derzeit gebe es eher einen "ideologisch verhärteten Schlagabtausch" oder eine "Wünsch-dir-was-Veranstaltung". Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hatte im vergangenen Jahr unter dem Eindruck des Missbrauchsskandals zu einem Dialogprozess zwischen Laien, Priestern und Bischöfen aufgerufen. Feige führte in diesem Zusammenhang sowohl das Reformpapier "Memorandum 2011" von mehr als 300 Theologen als auch die Petition "Pro Ecclesia" an. Wer das Memorandum nicht unterstütze, gelte als ängstlich oder reaktionär, so Feige. Wer sich nicht mit dessen Kritikern verbünde, könne damit rechnen, als unkirchlich verdächtig zu werden. Es würden illusorische Erwartungen geschürt, die Frustrationen noch verstärkten. Andere sperrten sich gegen jede kritische Anfrage und führten zur Verteidigung bisheriger Positionen teilweise hanebüchene Argumente ins Feld.



Zur Teilnahme am Dialogprozess über die Zukunft der katholischen Kirche rief der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch auf. Angesichts drängender Fragen, etwa jener, wie Glaube heute neu gestärkt werden könne, müsse der von den deutschen Bischöfen angestoßene Dialogprozess vor allem als "geistlicher Prozess" verstanden werden. Dabei lade die nun begonnene Fastenzeit in besonderer Weise dazu ein, die "geistliche Akustik in unseren Gemeinden zu überprüfen", schreibt Zollitsch in einem am Wochenende in den katholischen Gottesdiensten des Erzbistums Freiburg verlesenen Fastenhirtenbrief.



Münsters Bischof Felix Genn hat die Katholiken seines Bistums aufgefordert, in der Gesellschaft die Frage nach Gott wach zu halten. Sie alle seien zu dem Bekenntnis berufen, dass es ohne Gott in dieser Welt nicht gut gehen könne, schreibt er in einem Hirtenwort zur Fastenzeit, das am Wochenende in allen Gemeinden verlesen wurde. Bei allen Diskussionen um Strukturen und Reformen der Kirche brauche es diese "innere Mitte, um sich von ihr her als Christen formen zu lassen".



Der Münchner Kardinal Reinhard Marx bezeichnete die Debatte um Reformen und eine geistige Erneuerung in der katholischen Kirche als notwendig. Dazu brauche es mehr Mut, neue Wege zu gehen, schreibt Marx in seinem am Wochenende in allen Gottesdiensten der Erzdiözese München-Freising verlesenen Fastenhirtenbrief. Die Kirche dürfe nicht "selbstzufrieden und selbstgenügsam werden". Gleichzeitig gehöre dazu, fest verankert zu sein, in der großen geistlichen Tradition und im Glauben. Deshalb sei mehr nötig als eine "über die Medien ausgetragene Diskussion".



Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker hat in einem Hirtenbrief zur Fastenzeit einen fortschreitenden Säkularismus und eine wachsende Aggressivität gegenüber dem Christentum beklagt. Viele Christen litten am öffentlichen Ansehensverlust der Kirche aufgrund "der beschämenden Missbrauchsfälle durch Priester und Ordensleute", so der Erzbischof. Eine Zunahme der Kirchenaustritte und ein spürbarer Rückgang der Gottesdienstbesucherzahlen seien äußeres Zeichen für die bedenkliche Situation des Glaubens. Der Hirtenbrief wurde am Wochenende in allen Gemeinden der Erzdiözese verlesen.



Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick schreibt in seinem Brief, die Kirche müsse sich "berechtigter Kritik" stellen, unberechtigte jedoch zurückweisen. "Buße und Umkehr müssen wieder mehr für uns Christen und die ganze Kirche zur Selbstverständlichkeit werden." Zugleich unterstrich Schick, es seien die Gläubigen, die das "Rückgrat der Kirche" bildeten. Sie lebe durch das Mittun jedes einzelnen, getauften Christen. "Ich danke allen, die durch ihre finanziellen Beiträge zum Unterhalt der kirchlichen Arbeit beitragen und bitte, es auch weiterhin zu tun."