"Containern" bleibt laut Verfassungsgericht Diebstahl

Karlsruhe hat entschieden

Das Entwenden von Lebensmitteln aus dem Abfallcontainer eines Supermarktes - das "Containern" - kann als Diebstahl bestraft werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss entschieden.

Lebensmittel im Müll / © Frank May (dpa)
Lebensmittel im Müll / © Frank May ( dpa )

Im vorliegenden Fall hatten zwei Studentinnen Lebensmittel aus dem Abfallcontainer eines Supermarktes in Bayern entwendet. Da der Container verschlossen zur Abholung bereitstand, stuften die Gerichte bis hin zum Bayerischen Obersten Landesgericht das als Diebstahl ein.

Studentinnen öffneten Container mit Vierkantschlüssel

Die Studentinnen öffneten den Container laut Gericht mit Hilfe eines mitgebrachten Vierkantschlüssels.

Die beiden Frauen mussten je acht Sozialstunden ableisten und erhielten eine Geldstrafe von 225 Euro auf Bewährung. Die Verfassungsbeschwerden der Frauen nahm das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung an. Der Gesetzgeber dürfe "das zivilrechtliche Eigentum grundsätzlich auch an wirtschaftlich wertlosen Sachen strafrechtlich schützen", so die Richter.

Die Klägerinnen hingegen machten geltend, der Supermarkt habe kein schutzwürdiges Interesse an den weggeworfenen Lebensmitteln. Daher sei eine Strafbarkeit der Entnahme unangemessen. Darüber hinaus sei mit Blick auf das Gemeinwohl ein verantwortungsvoller, nachhaltiger Umgang mit Lebensmitteln notwendig. Die massenhafte und oftmals vermeidbare Verschwendung von Lebensmitteln durch Vernichtung sei sozialschädlich.

Das Verfassungsgericht erklärte jedoch, die Strafbarkeit des "Containerns" als Diebstahl verstoße nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es sei aber "grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, den Bereich strafbaren Handelns verbindlich festzulegen". Bisher habe der Gesetzgeber Initiativen zur Entkriminalisierung "nicht aufgegriffen".

Berechtigte Interessen des Supermarkts

Im vorliegenden Fall habe der Supermarkt als Eigentümer der Lebensmittel diese bewusst entsorgen und vernichten wollen, "um etwaige Haftungsrisiken beim Verzehr der teils abgelaufenen und möglicherweise auch verdorbenen Ware auszuschließen". Bereits dieses Interesse des Eigentümers, keinen erhöhten Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die Sicherheit der Lebensmittel ausgesetzt zu sein, sei grundsätzlich zu akzeptieren.

Die im Strafrechts-Paragrafen zum Diebstahl (§ 242 StGB) angelegte "kriminalpolitische Grundentscheidung des Gesetzgebers zur Strafbarkeit des Containerns" sei deshalb nicht zu beanstanden. Auch existierten rechtlich Möglichkeiten, "im Einzelfall der geringen Schuld des Täters Rechnung zu tragen".

Die Grünen-Politikerin Renate Künast forderte die Bundesregierung auf, tätig zu werden. Menschen, die Lebensmittel aus dem Müll retteten, dürften nicht bestraft werden. "Der ethische und rechtliche Widerspruch zwischen dem Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung einerseits und der Kriminalisierung des 'Containerns' andererseits kann und muss aufgelöst werden", so Künast.

Auch die Linken sprachen sich für eine Entkriminalisierung aus. "Das Bundesverfassungsgericht hat eine große Chance vertan, im Kampf gegen Ressourcenverschwendung und Verfolgung von Bagatelldelikten ein Zeichen zu setzen", sagte der verfassungspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, Niema Movassat.


Richter beim Bundesverfassungsgericht / © Uli Deck (dpa)
Richter beim Bundesverfassungsgericht / © Uli Deck ( dpa )
Quelle:
KNA