Karlsruhe billigt Lissabon-Vertrag unter Auflagen

Ja, aber

Das Bundesverfassungsgericht verlangt Korrekturen der deutschen Begleitgesetze zur EU-Reform. Der Zweite Senat des Gerichts billigte am Dienstag in Karlsruhe zwar das deutsche Zustimmungsgesetz zum Lissabon-Vertrag, hält die Mitbestimmung des Bundestages und des Bundesrates aber für nicht ausreichend.

 (DR)

"Das Grundgesetz sagt Ja zum Lissabon-Vertrag, verlangt aber auf nationaler Ebene eine Stärkung der parlamentarischen Integrationsverantwortung", fasste der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichtes, Andreas Voßkuhle, das Urteil zu den Klagen gegen das Vertragswerk zusammen. Bevor die entsprechenden Regelungen nicht verändert werden, dürfe die Ratifikation nicht abgeschlossen werden. "Der Senat ist zuversichtlich, dass die letzte Hürde vor der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde schnell genommen wird", sagte Voßkuhle.

Die europäische Integration sei ein komplexer Prozess ohne historisches Vorbild, räumte der Verfassungsrichter ein. Die verfassungsrechtliche Beurteilung des Lissabon-Vertrages falle daher nicht leicht. Die Entscheidung des Senats falle aber eindeutig aus und sei einstimmig gefallen: Die Zustimmung zum Lissabon-Vertrag sei nicht zu beanstanden. Allerdings seien die Beteiligungsrechte von Bundestag und Bundesrat bei der Vertragsschließung nicht hinreichend berücksichtigt worden.

Das 2007 geschlossene Vertragswerk soll Entscheidungen im Bündnis der 27 Staaten erleichtern und für mehr Demokratie und Transparenz sorgen. Gegen die Ratifizierung geklagt hatten unter anderen der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler und die Linksfraktion im Bundestag. Ihrer Ansicht nach verschärft der Lissabon-Vertrag das Demokratiedefizit in der EU und schwächt das deutsche Grundgesetz. Weitere Kläger waren der ÖDP-Vorsitzende Klaus Buchner und eine Gruppe um den CSU-Politiker Franz Ludwig von Stauffenberg.

Der Lissabon-Vertrag muss in allen 27 EU-Staaten ratifiziert werden. In Deutschland war die EU-Reform von Bundestag und Bundesrat ratifiziert und von Bundespräsident Horst Köhler inhaltlich gebilligt worden. Wegen der Verfassungsklagen wurde der Vertrag jedoch noch nicht unterzeichnet. Auch in Irland, Polen und Tschechien steht die endgültige Ratifizierung noch aus.