Karl Prinz zu Löwenstein rückt an die Spitze der Malteser in Deutschland

"Glauben und Hilfe anbieten"

Stabwechsel an der Spitze des Malteser Hilfsdienstes in Deutschland: Neuer Vorsitzender des Geschäftsführenden Vorstands der katholischen Hilfsorganisation wird der Wirtschaftsingenieur Karl Prinz zu Löwenstein. Ein Interview.

 (DR)

KNA: Herr zu Löwenstein, mit welchen Plänen treten Sie Ihr neues Amt an?

Löwenstein: Es gibt keine grundlegend neuen strategischen Schwerpunkte. Unsere beiden Standbeine bleiben die Notfallvorsorge und die sozialen Dienste, etwa für alte Menschen, für Pflegebedürftige und Sterbenskranke. Wichtig ist uns, dass in unserer Gesellschaft die Bedingungen für ehrenamtliches Engagement und eine Kultur des Ehrenamtes gefördert werden. Obwohl die Malteser bundesweit rund 18.000 hauptamtliche Mitarbeiter haben, verstehen wir uns mit unseren etwa 38.000 ehrenamtlichen Helfern als ehrenamtlich geprägter Verband.



KNA: Sie werden sehr schnell mit dem Ende des Zivildienstes konfrontiert werden. Wie reagieren Sie darauf?

Löwenstein: Wir gehen bislang davon aus, dass wir unsere Dienste, etwa die Behindertenfahrdienste, trotz des Endes des Zivildienstes weiter aufrecht erhalten können. Voraussetzung ist aber, dass die Politik den geplanten staatlichen Freiwilligendienst und das weiterbestehende Freiwillige Soziale Jahr attraktiv genug gestaltet, damit sich genügend Menschen beteiligen.



KNA: Was gehört dazu, um die Dienste attraktiv zu machen?

Löwenstein: Dazu gehören sicherlich Aufwandsentschädigungen und ein Taschengeld. Aber genau so wichtig sind die Anrechnung des Engagements auf Rentenzeiten oder als Praktikum. Entscheidend ist auch eine gute Qualifizierung der Helfer.



KNA: Der staatliche Freiwilligendienst soll auch für ältere Menschen offen sein. Sehen Sie da Chancen für die Malteser?

Löwenstein: Wir begrüßen das ausdrücklich. Die Malteser haben durch die Hospizarbeit und unsere Begleitdienste viel Erfahrung mit dieser Altersgruppe. Es gibt viele Senioren oder Frührentner, die sich engagieren wollen.



KNA: Die Malteser sind auch im Katastrophenschutz aktiv. Fühlen Sie sich optimal in diese Arbeit eingebunden - gerade mit Blick auf eine wachsende Zahl von Umwelt-Katastrophen oder mit Blick auf große Gefährdungslagen wie den 11. September 2001?

Löwenstein: Es gibt Tendenzen des Bundes und der Länder zur Zentralisierung dieser Aufgaben. Wir sehen mit einer gewissen Sorge, dass Hilfsorganisationen wie die Malteser oder das Rote Kreuz nicht ausreichend unterstützt werden, um Material und Gerätschaften für solche Fälle vorzuhalten. Es ist aber wichtig, dass etwa bei großen Überschwemmungen oder möglichen Terrorangriffen wie beim 11. September möglichst viele Helfer bereitstehen, nicht nur wenige Spezialisten.



KNA: Da sind auch die Rettungsdienste der Malteser angesprochen, die immer stärker im Wettbewerb mit privaten Anbietern stehen...

Löwenstein: Wir haben nichts gegen Wettbewerb und stellen uns diesem. Der Rettungsdienst ist aber auch von entscheidender Bedeutung für die Praxis von ehrenamtlichen Helfern im Katastrophenschutz. Die Beteiligung im Katastrophenschutz muss deshalb bei der Vergabe von Aufträgen für den Rettungsdienst ein wesentliches Kriterium darstellen. Wie wichtig das Ehrenamt für den Katastrophenschutz ist, wurde gerade erst bei der Love Parade deutlich. Da waren wir sehr schnell mit Teams zur Stelle. Private Rettungsdienste haben diese Zusatzqualifikationen und diese Infrastruktur oft nicht und stehen bei solchen Ereignissen nicht bereit.



KNA: Die Malteser verstehen sich ausdrücklich als Teil der katholischen Kirche. Wird es in einer zunehmend säkularen Gesellschaft schwieriger, Mitarbeiter zu finden?

Löwenstein: Wir müssen unser Profil als katholische Organisation stärken. Unseren Glauben zu bezeugen und gleichzeitig Hilfe für Bedürftige anzubieten, das gehört für uns zusammen. Natürlich gibt es immer weniger Bürger, die sich in der katholischen Kirche beheimatet fühlen. Aber umgekehrt beobachte ich, dass viele Menschen ihren Glauben bewusster leben und deshalb auch zum Engagement bereit sind. Die Zahl unserer Ehrenamtlichen ist in den vergangenen Jahren stabil geblieben. Ich bin da optimistisch, dass das so bleibt.



KNA: Ein wachsender Bereich ist die Hospizarbeit der Malteser...

Löwenstein: Da sind wir Pioniere, zumal die Pflege von Kranken und Sterbenden schon seit den Anfängen des Malteserordens zu den zentralen Aufgaben gehört. Mittlerweile haben wir mehr als 100 ambulante und stationäre Hospizdienste; in unseren Krankenhäusern gibt es Palliativstationen. Das Engagement wird noch an Bedeutung gewinnen, weil sich unsere Gesellschaft verändert hat, Großfamilien und Nachbarschaften an Bedeutung einbüßen und die Einsamkeit alter und sterbender Menschen zunimmt. Zudem verunsichert die Debatte um Sterbehilfe viele Menschen; bei uns können sie sicher sein, dass sie in Würde sterben können und nicht aus dem Leben gedrängt werden.



Das Gespräch führte Christoph Arens.