Die feierliche "Äbtissinnenweihe" erfolgte in einer ehemaligen Scheune. Die einstige Lagerhalle wurde zum Gotteshaus, nachdem die Ordensfrauen das Kloster vor bald 80 Jahren in einem früheren Gutshof gegründet hatten. Heute ist die Abtei Sankt Gertrud eine der größten Ordensniederlassungen in den neuen Bundesländern. Rund 20 Kilometer südlich der Berliner Stadtgrenze leben dort 26 Schwestern sowie zwei Novizinnen, die das Ordensleben auf Probe kennenlernen.
Zusammen mit mehreren hundert Gästen aus ganz Deutschland versammelten sie sich zu dem Gottesdienst mit dem Berliner Erzbischof. Gewählt hatte der Konvent seine neue Leiterin bereits im Mai, die seither schon ihre Leitungsaufgaben wahrnimmt. Die «Äbtissinnenweihe» bildete nun den festlichen Abschluss des Wechsels an der Spitze des Klosters, nachdem Ursula Schwalke (73) nach 13-jähriger Amtszeit altersbedingt zurückgetreten war.
"Ja, ich bin bereit", antwortete Bernadette Pruß, als Kardinal Woelki sie bei dem Ritual danach fragte, die Amtspflichten zu übernehmen. Umrahmt von lateinischem Chorgesang folgte die eigentliche "Äbtissinnenweihe", die der Einführung eines Bischofs ähnelt. Es ist jedoch keine sakramentale Weihe nach katholischem Verständnis, sondern eine feierliche Segnung. In seinen Gebetsworten sprach Woelki von einem "schweren und mühevollen Amt", in dem die Äbtissin ein «Vorbild im klösterlichen Leben» sein soll, bevor er ihr die Ordensregel und das Brustkreuz als Amtszeichen überreichte.
Manche der älteren Schwestern hat in diesem Moment wohl an die nicht immer einfache Geschichte des Klosters gedacht. Gegründet wurde es 1934 von einer Gruppe Berliner Krankenschwestern, die seit 1919 schrittweise nach der benediktinischen Ordensregel lebten. Es folgten Jahre der Bedrängung unter der Nazi-Herrschaft und dem SED-Regime, bevor das damalige Priorat Sankt Gertrud 1984 zur Abtei erhoben wurde.
Heute führen die Alexanderdorfer Benediktinerinnen ein Gästehaus mit spirituellem Kursprogramm, eine Hostienbäckerei und eine Werkstatt zur Herstellung von Messgewändern. Bis zu 6.000 Übernachtungen zählt das Kloster pro Jahr, dazu viele Tagesgruppen. In seiner Ansprache würdigte Woelki es als bedeutenden Ort des Erzbistums mit großer Anziehungskraft über Berlin und Brandenburg hinaus. Die Schwestern seien vielen Besuchern eine Hilfe, ihr Leben neu auszurichten.
Seit dem Jahr, in dem die Mauer fiel, hat Bernadette Pruß ihren Beitrag dazu geleistet. Nach einer Ausbildung zur Augenoptikerin und einigen Jahren Berufspraxis kam die gebürtige Berlinerin 1989 nach Alexanderdorf. Von 1995 bis 2000 absolvierte sie in Erfurt ein Theologiestudium, das sie mit dem Diplom abschloss. Anschließend war sie Novizenmeisterin und seit 2010 Priorin. Außerdem arbeitete sie in der Küche und in der Bibliothek. Von jetzt an ist vor allem sie für die Geschicke des Klosters verantwortlich.