Kardinal Woelki und Stadtdechant Kleine zur Trauerfeier im Kölner Dom

"Momente, in denen man besser schweigt"

Ein ökumenischer Gottesdienst – katholisch, evangelisch und orthodox – soll den Angehörigen der Germanwings-Opfer Trost spenden. Kardinal Woelki sagte im Deutschlandfunk, auch er fühle sich durch das Unglück an eine existenzielle Grenze gedrängt.

Köln: Ein Engel für die Angehörigen (dpa)
Köln: Ein Engel für die Angehörigen / ( dpa )

Rainer Maria Kardinal Woelki wird den Gottesdienst im Kölner Dom gemeinsam mit der westfälischen Präses Annette Kurschus leiten. Woelki erklärte im Interview mit dem Deutschlandfunk, er stehe genauso sprachlos vor dem, was geschehen sei, wie tausende andere Menschen auch. "Ich zittere ein wenig davor, das richtige Wort in diesem Augenblick zu finden, das Hoffnung und Trost spenden kann."

Er könne letztendlich nur seinen Glauben als Antwort anbieten – die Hilfe durch "den mitleidenden Gott und die Hoffnung, dass mit dem Tod nicht alles aus ist, sondern ein Leben auf uns alle wartet." Allerdings müsse man sich eingestehen, wandte Woelki ein, dass tröstende Worte in dieser Situation nur schwer möglich seien. "Es gibt Momente, wo man besser schweigt und wo Gesten und Zeichen, das in den Arm nehmen, das an der Hand halten wahrscheinlich tiefere Zeichen sind und mehr bewirken als Worte", betonte der Erzbischof.

Appell an die Medien: Respekt und Distanz

Von den Medien forderte Woelki Respekt und die nötige Distanz. "Ich wünsche mir einfach, dass die Medien im besten Sinne das sind, was sie sein wollen, nämlich Mittler zwischen den Menschen", appellierte Woelki. Auch der Kölner Stadt- und Domdechant Msgr. Robert Kleine sagte, es sei wichtig, dass die Angehörigen abgeschirmt würden und in Ruhe gedenken könnten. "Die Trauer der Angehörigen steht im Mittelpunkt, aber sie sollen nicht als Personen im Mittelpunkt stehen", erklärte Kleine im Interview mit domradio.de.

Um die Mitfeiernden zu schützen, seien auch die Inhalte des Gottesdienstes geheim gehalten worden. Kleine sagte im Vorfeld allerdings, dass es – auch in den Predigten – um Leid und Klage gehen solle. "Aber wir versuchen, nicht in Trauer zu verharren und in Mutlosigkeit zu versinken, sondern, auch durch Glauben, Zeichen der Hoffnung zu setzen." Um die Angehörigen in dieser schwierigen psychologischen Phase zu unterstützen, seien auch Notfallseelsorger und Betreuer im Dom. Kleine nannte den Gottesdienst und den anschließenden Trauerakt ein Wagnis. Alle – auch die Politiker – müssten sensibel reagieren.

150 Kerzen brennen für die Opfer

Den Opfern wird im Dom symbolisch mit 150 brennenden Kerzen gedacht. Im Vorfeld war darüber diskutiert worden, ob für den Co-Piloten als mutmaßlichen Täter auch eine Kerze entzündet werden sollte. Monsignore Kleine sprach sich dafür aus. "Als Christ sehe ich es als unsere Verpflichtung, auch für diesen Verstorbenen eine Kerze anzuzünden und für ihn zu beten", sagte Kleine. Ähnlich äußerte sich auch Kardinal Woelki. "Ich glaube, jeder Mensch verdient unser Gebet", betonte Woelki. "Ich verstehe jeden, der über die Tat verzweifelt ist, der darüber ungeheuer wütend ist und der auch nicht in der Lage ist zur Vergebung", sagte der Erzbischof. Dennoch dürfe man nicht vorschnell urteilen. Wie alle anderen Opfer müsse man auch den mutmaßlichen Täter Gott anempfehlen.

Mutter eines Amoklaufopfers: Trauerfeier kann Kraftquelle sein

Die Trauerfeier im Kölner Dom kann nach Einschätzung von Gisela Mayer, Vorsitzende der Stiftung gegen Gewalt an Schulen, eine "ganz wichtige Kraftquelle" für die Hinterbliebenen sein. Die öffentliche Anteilnahme mache deutlich, "es ist etwas passiert, das nicht nur für den Einzelnen eine Katastrophe ist, sondern für die Gemeinschaft der Menschen. Etwas, das unser Weltbild aus den Angeln hebt", sagte Mayer am Freitag im Südwestrundfunk (SWR) in Baden-Baden. Ihre Tochter war beim Amoklauf von Winnenden im März 2009 ermordet worden.

Betroffen zeigte sich Mayer, dass die Angehörigen der Opfer der Flugkatastrophe des Germanwings-Fluges 4U9525 nicht die Möglichkeit haben, ihre Lieben zu sehen und angemessen zu bestatten. "Angesichts dessen, was man diesen Menschen angetan hat, darf ich sogar dankbar sein, dass ich wenigstens die Chance hatte, mein Kind zu beerdigen." Umso wichtiger sei es für die Hinterbliebenen, einen Augenblick zu haben, in dem die Welt ihnen dokumentiere, sie nicht alleine zu lassen.


Quelle:
DR , KNA