Kardinal Wetter entschuldigt sich für Fehlentscheidung

Unter- und überschätzt

Der frühere Münchner Erzbischof, Kardinal Friedrich Wetter, hat Fehler im Umgang mit einem Priester eingeräumt, der Kinder sexuell missbraucht hat. In einer "persönlichen Stellungnahme" bat Wetter die Betroffenen und ihre Angehörigen "in aller Form um Entschuldigung".

 (DR)

Ihm sei «jetzt schmerzlich bewusst, dass ich damals eine andere Entscheidung hätte treffen müssen». Unter Wetters Amtszeit war der 1986 einschlägig verurteilte Geistliche erneut in der Pfarrseelsorge eingesetzt worden.

Wetter erklärte, er habe die Fähigkeit eines Menschen zu persönlicher Umkehr überschätzt und die Schwierigkeiten einer Therapie von pädophil Veranlagten unterschätzt. Die Verletzung von Kindern und Jugendlichen durch sexuellen Missbrauch belaste ihn sehr. Ob es beim von Wetter zu verantwortenden Einsatz des Seelsorgers in Garching/Alz erneut zu Übergriffen kam, ist unklar. Das Münchner Ordinariat gab dazu auf Anfrage keinen Kommentar ab.

Zugleich bekundete der Kardinal Unterstützung für seinen Nachfolger, Erzbischof Reinhard Marx, bei der «offenen und ehrlichen Aufarbeitung von Missbrauchsfällen». Dies gelte auch für seine, Wetters, Amtszeit.

In einem zweiten Fall wies der Kardinal anonyme Anschuldigungen gegen ihn als falsch zurück. In der Presse sei in einem Brief «wahrheitswidrig behauptet» worden, er, Wetter, habe von sexuellem Missbrauch durch einen Münchner Prälaten gewusst und nichts dagegen unternommen. Richtig sei dagegen, dass er den Betroffenen 1995 «wegen einer seinem kirchlichen Dienst nicht angemessenen Lebensführung aus dem Amt entlassen» habe. Konkrete Hinweise auf Missbrauchsfälle hätten ihm nicht vorgelegen. Zeitungen hatten vergangene Woche berichtet, dass der 1995 verstorbene Prälat Kontakte zum homosexuellen Strichermilieu unterhalten habe. Dabei wurde auch aus einem anonymen Brief der Vorwurf zitiert, der Geistliche habe Messdiener missbraucht, was Kardinal Wetter gewusst habe.

Bei dem früheren Garchinger Pfarrer handelt es sich um einen Essener Diözesanpriester, der bereits in seinem Heimatbistum Ende der 1970er Jahre übergriffig geworden war. Im Erzbistum München wurde er 1980 unter der Bedingung aufgenommen, dass er eine Therapie macht. Zugleich wurde er wieder in der Pfarrseelsorge eingesetzt, wo es in Grafing zu erneutem Missbrauch kam. Dafür wurde er 1986 verurteilt. Von 1988 bis 2008 war er in Garching tätig, bevor Erzbischof Marx den Priester begutachten ließ und ihn als Kurseelsorger nach Bad Tölz versetzte. Dort war ihm Kinder- und Jugendarbeit verboten, woran er sich aber nicht hielt.

Sein langjähriger Therapeut machte vergangene Woche öffentlich, dass er von Anfang an das Münchner Ordinariat gewarnt habe. Sein Klient dürfe keinesfalls wieder mit Kindern und Jugendlichen in Berührung kommen, weil er uneinsichtig sei. Für seinen Seelsorgeeinsatz übernahm der damalige Generalvikar Gerhard Gruber (82) die alleinige Verantwortung. Der Fall machte weltweit Schlagzeilen, weil der Priester zu der Zeit in München aufgenommen wurde, als Joseph Ratzinger, heute Papst Benedikt XVI., dort Erzbischof war.