Kardinal Tagles Besuch in Goma schenkt Hoffnung

Wertschätzung als wichtigste Botschaft

Der Papst will an die Ränder gehen. Kann er das nicht, schickt er einen Vertreter. Kardinal Luis Antonio Tagle hat die kongolesische Krisenregion Goma besucht. Isolde Böttger lebt dort und erklärt, warum das so wichtig ist.

Autor/in:
Mathias Peter
Kardinal Tagle besuchte auch ein Flüchtlingscamp in Goma/Kongo (privat)
Kardinal Tagle besuchte auch ein Flüchtlingscamp in Goma/Kongo / ( privat )

Zuerst war die Enttäuschung riesig, als Papst Franziskus seinen Besuch in die Demokratische Republik Kongo aus gesundheitlichen Gründen absagen musste. Im Februar war das Oberhaupt der Katholischen Kirche dann da, konnte aber nicht umfassend das Land bereisen.

In dieser Woche besuchte nun Kardinal Luis Antonio Tagle das afrikanische Land und mit Goma im Osten eine von Milizengewalt und durch große Fluchtbewegungen besonders betroffene Region.

Kardinal Luis Antonio Tagle besucht die Menschen in Goma (privat)
Kardinal Luis Antonio Tagle besucht die Menschen in Goma / ( privat )

Der philippinische Kardinal ist Pro-Präfekt des Dikasteriums für die Evangelisierung und Papst-Gesandter für den 3. Nationalen Eucharistischen Kongress in der Demokratischen Republik Kongo.

Anfang der Woche war er in der Krisenregion Goma im Osten des Kongos unterwegs - ein wichtiges Zeichen für die Menschen, erklärt Isolde Böttger. Sie ist seit sieben Jahren als Fachkraft für Entwicklungshilfe in Goma tätig. "Ich glaube, der Haupt-Akzent ist der, dass Kardinal Tagle gekommen ist. Und dieses Zeichen war fundamental für die Menschen hier: Der Papst hat jemanden zu uns geschickt", betonte sie.

Freiluft-Messe und Besuch im Flüchtlingslager

Gastfreundschaft sei im Kongo wichtig, erklärt Böttger via Video-Interview. Daher habe Kardinal Tagle ein für Europäer auf den ersten Blick merkwürdiges Gastgeschenk vom Ortsbischof nach der gemeinsamen Messe am Dienstag erhalten.

Ihm wurden symbolisch zwei Kühe geschenkt - damit hätten die Menschen aber auch gezeigt, dass sie etwas zu verschenken haben, dass sie dem Gast etwas zu geben haben. In der Messe richtete Kardinal Tagle die Grüße des Papstes aus - die zahlreichen Besucher hätten so gemerkt, dass der Papst ihnen nahe sei, sagte Böttger: "Er zeigt Mitgefühl. Er zeigt, dass es ihm nicht egal ist, was hier passiert."

Vor und nach dem Gottesdienst mit Kardinal Tagle herrscht in Goma eine ausgelassene Stimmung / © Isolde Böttger (privat)
Vor und nach dem Gottesdienst mit Kardinal Tagle herrscht in Goma eine ausgelassene Stimmung / © Isolde Böttger ( privat )

Die Stimmung beim Gottesdienst beschreibt Böttger als ausgelassen. Obwohl es kurz vor der Messe überraschend geregnet habe, hätten die Menschen gesungen und getanzt. Trotz der vielen Probleme mit Gewalt und Armut sei die Bevölkerung des Landes erstaunlich widerstandsfähig und voller Hoffnung.

Den Konflikt im Kongo, bei dem es vor allem um die reichen Bodenschätze des Landes geht, bezeichnet die Fachkraft für Entwicklungshilfe als "vergessenen Konflikt". Es stünden sich so viele verschiedene Gruppen und Rebellen gegenüber, dass es schwer sei, den Überblick zu behalten.

Aktuell befinden sich über 600.000 Binnenvertriebene in Goma. / © Isolde Böttger (privat)
Aktuell befinden sich über 600.000 Binnenvertriebene in Goma. / © Isolde Böttger ( privat )

Die Gewalt habe zahllose Menschen zur Flucht gezwungen: "Seit April 2022 haben die hauptsächlich aus ruandischen Tutsi bestehende Rebellengruppe weite Teile im Umfeld von Goma eingenommen. Die Menschen wurden vertrieben, viele von ihnen sind nach Goma geflüchtet, wo es zurzeit drei zusätzliche Flüchtlingscamps gibt. Anfang 2023 waren es eine Millionen Vertriebene." Auch Kardinal Tagle besuchte mit dem Zeltlager Lushala in Goma ein Flüchtlingslager und versicherte erneut die Solidarität des Papstes.

Lebendige Gemeinden und viel Lebensfreude

Isolde Böttger ist auch Mitglied bei der katholischen Fokolar-Bewegung und besucht regelmäßig die Gottesdienst in Goma und kennt die katholischen Gemeinden sehr gut.

Isolde Böttger (privat)
Isolde Böttger / ( privat )

Etwa 50 Prozent der Menschen seien in dem Land katholisch, die Katholische Kirche übernehme mit ihren Schulen wichtige Bildungsarbeit, die Bischofskonferenz des Landes spreche regelmäßig Versäumnisse der Politik an, außerdem seien auch die Pfarreien sehr gut organisiert.

Vor Ort hätten die Gemeindemitglieder die neue Kirche selbst gebaut, regelmäßig träfen sich die Mitglieder, organisierten Dinge für die Pfarrei ehrenamtlich.

Nicht nur liturgisch gibt es mit dem Zairischen Messritus einige Unterschiede zu Deutschland, erzählt Böttger: "Wir haben am Wochenende sechs Gottesdienste zwischen Samstagabend bis Sonntagabend und in unserer Kirche passen über 500 Leute rein. Aber 500 sind sicherlich in jedem Gottesdienst drin - und auch von klein bis groß." Eine überalterte Gottesdienstgemeinde ist also kein Thema in Goma, stattdessen sind die Messen durch Tanz und Gesang besonders lebendig gestaltet.

Die katholischen Gottesdienste sind in Goma stets gut besucht / © Isolde Böttger (privat)
Die katholischen Gottesdienste sind in Goma stets gut besucht / © Isolde Böttger ( privat )

Was bleibt also vom Besuch des Papst-Vertreters in Goma? Zwei Wassertanks durch eine Spende des Papstes konnten angeschafft werden, die Kardinal Tagle segnete. Doch seine Visite stehe aber vor allem dafür, dass die Gläubigen das Gefühl haben, dass der Papst wirklich an sie denke, erklärt Böttger. Diese Wertschätzung sei die zentrale Botschaft für die Menschen in Goma.

Demokratische Republik Kongo

Die Demokratische Republik Kongo ist nach Algerien der zweitgrößte Flächenstaat Afrikas und fast siebenmal so groß wie Deutschland. Auf einem Gebiet, das etwa einem Viertel der Größe der USA entspricht, leben rund 90 Millionen Menschen. Der Kongo ist ein Vielvölkerstaat mit mehr als 200 Ethnien. Das Land im Zentrum Afrikas, das von 1971 bis 1997 Zaire hieß, hat gemeinsame Grenzen mit Kongo-Brazzaville, der Zentralafrikanischen Republik, dem Südsudan, Uganda, Ruanda, Burundi, Tansania, Sambia und Angola.

Eine Hütte an einem Hang in Burhale im Kongo ist von Bäumen und Stauden umgeben / © Harald Oppitz (KNA)
Eine Hütte an einem Hang in Burhale im Kongo ist von Bäumen und Stauden umgeben / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR