Kardinal: Missbrauch wird als "Waffe gegen die Kirche" benutzt

Angriff als beste Verteidigung?

Die sexuellen Übergriffe von katholischen Priestern werden nach Worten von Kardinaldekan Angelo Sodano derzeit "als Waffe gegen die Kirche benutzt". Eigentlicher Hintergrund der Debatte sei ein Kulturkonflikt. Sodano hatte an Ostern mit einer außerplanmäßigen Papst-Verteidigung für Befremden gesorgt.

 (DR)

«Der Papst verkörpert moralische Wahrheiten, die nicht akzeptiert werden», sagte der ranghöchste Kardinal und langjährige vatikanische Staatssekretär in einem Interview der Vatikanzeitung «Osservatore Romano». Der Papst sei nicht für die Vergehen einzelner Priester verantwortlich.
«Benedikt XVI. hat mehrfach um Verzeihung gebeten. Aber es ist nicht die Schuld von Christus, wenn Judas Verrat geübt hat.»

«Ungerechte Attacken»
Sodano stellte die Angriffe gegen Benedikt XVI. in eine Reihe mit den «Kämpfen des Modernismus gegen Pius X., die Offensive gegen Pius XII. wegen seines Verhaltens während des letzten Weltkriegs und schließlich jene gegen Paul VI. wegen 'Humanae vitae'», der Enzyklika zur Sexualethik. Auch hinter den «ungerechten Attacken» auf den amtierenden Papst stünden «Sichtweisen von Familie und Leben, die dem Evangelium zuwiderlaufen».

Die Kirche fühle sich «zu Recht verletzt, wenn man sie als Ganze in die ebenso schweren wie schmerzlichen Angelegenheiten einiger Priester zu verwickeln versucht», sagte der Kardinal. Dabei werde die Verantwortung Einzelner unter einer «wirklich unverständlichen Verdrehung» zu kollektiver Schuld gemacht.

"Der Kirche bis zum Blutvergießen dienen"
Zu seiner öffentlichen Solidaritätsbekundung für Benedikt XVI.
während der Ostermesse auf dem Petersplatz sagte Sodano, als Dekan des Kardinalskollegiums habe er diesen Beitrag als Pflicht empfunden. «Wie jeder Kardinal habe ich den Auftrag, an dem Papst beizustehen und der Kirche bis zum Blutvergießen zu dienen.» Die Kirche dürfe sich über Verfolgungen nicht wundern. Jesus selbst habe seinen Jüngern angekündigt: «Wie sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen», sagte der Kardinal.

Die Äußerungen Sodanos erregten umgehend Kritik bei jüdischen Vertretern in Italien. Es sei «alarmierend», wenn die Debatte um die Rolle von Pius XII. während des Holocaust mit den Vergehen pädophiler Priester verquickt werde, sagte Giuseppe Laras, Ehrenvorsitzender der italienischen Rabbinerversammlung, laut der Tageszeitung «La Stampa» (Mittwoch).