Kardinal Meisner ruft am Fest "Erscheinung des Herrn" auf, den Heiligen Drei Königen zu folgen

Den Weg finden und gehen

domradio.de übertrug am Fest "Erscheinung des Herrn" das Pontifikalamt aus dem Kölner Dom mit Joachim Kardinal Meisner. In seiner Predigt sagte der Kölner Erzbischof, die Menschen seien nicht mehr fähig, "die Wirklichkeit des lebendigen Gottes" wahrzunehmen. Auch die Heiligen Drei Könige seien Vertreter einer "skeptischen Hochkultur" gewesen. "Aber sie haben zu Christus gefunden", so Meisner. "Auch wir können den Weg finden und gehen, wenn wir mutig sind."

 (DR)

Das Hochfest "Erscheinung des Herrn" heißt bei uns volkstümlich "Dreikönigstag". Die Weisen, die Matthäus zufolge aus dem fernen Osten kamen, um dem neugeborenen König der Juden zu huldigen (vgl. das Evangelium), sind in Legende und bildender Kunst des Mittelalters zu Königen geworden. Jesajas großes Gemälde von einer Wallfahrt der fremden Völker und ihrer Herrscher nach Jerusalem (vgl. die erste Lesung) stand hier Pate. Dreikönigstag, das bedeutet: Menschen überlassen sich der Führung eines unbekannten Gottes, des Gottes eines weltgeschichtlich auf den ersten Blick unbedeutenden Volkes, des Volkes Israel. Menschen verlassen das Gebiet, auf dem sie sich auskennen und das Sagen haben. Sie brennen darauf einen weiten und unwägbaren Weg zu gehen, denn in der Dunkelheit sehen sie einen strahlenden Glanz: Sie haben Augen für die Zeichensprache Gottes.

Wortgottesdienst

Erste Lesung
Leuchtende Verse auf dem Hintergrund einer bitteren Enttäuschung. Gewiss, die Mauer ist gefallen, die Eingesperrten sind frei. Doch in der Fremde ist ihnen die Heimat fremd geworden. Der Neuanfang nach dem Exil ist mühsam und entbehrungsreich. Die Beziehungen zwischen Heimkehrern und Zu-Hause-Gebliebenen sind vergiftet, Misswirtschaft und Verteilungskämpfe bestimmen den Alltag, Ernteausfälle verschärfen die Misere. Doch in der Tradition des Jesaja erheben einige Mutige ihre Stimme und verkünden die Ankunft des Herrn: Jahwe kommt nicht als Kriegsherr und nicht zum Gericht. Er erscheint als strahlendes Licht in der Nacht. Zion hebt den gesenkten Blick, glanzlose Augen beginnen zu leuchten, weil sie Gottes Stern gesehen haben. Sie glänzen von Gottes Licht. Dieses Licht zieht alle an: Ein endloser Zug fremder Völker bewegt sich von weit her zum Zionsberg. Dieses Licht steckt alle an: Fremde bringen Zions größten Schatz zurück - die verlorenen Kinder des Landes. Exotische Gaben führen die Heiden mit sich: Kamele und Dromedare, Weihrauch und Gold. Ein Triumphzug ohne Krieg, ohne Sieger und Besiegte. Ein Sieg des Gottes Israels. Der Evangelist Matthäus feiert ihn - heute.

Zweite Lesung
Die Lesungen aus dem Alten und aus dem Neuen Testament verkünden einmütig: Israels Gott will für alle Menschen das Heil. Der Autor des Epheserbriefes teilt der Gemeinde seine Erkenntnis mit: Nicht allein das Volk des Bundes und der Verheißung hat  guten Grund zur Hoffnung; durch das Evangelium sind nun auch Menschen aus den fremden Völkern zu Gott gerufen. Auch sie sind Erben des Gottes Israels, auch sie sind Leib Christi, auch sie haben Teil an Israels Verheißungsschatz. Wir haben Grund zur Freude: In Jesus Christus sind die Fernen nahe gekommen. Zu Gottes Volk sind wir hinzugekommen und hinzugenommen.

Evangelium
Zu mancher Weihnachtskrippe ziehen Sterndeuter, die durch ihr Aussehen den afrikanischen, den asiatischen und den europäischen Kontinent vertreten. Andere künstlerische Darstellungen der Geburt Christi ordnen die Sternsucher den menschlichen Lebensaltern zu: Jugend, Erwachsenenalter, hohes Alter. Die Darstellung der Weisen aus dem Morgenland als Vertreter der ganzen Menschheit, sinnenfällig durch ihre Zuordnung zu den drei Altersstufen und zu den drei bekannten Erdteilen, begegnet seit dem Spätmittelalter. Auch wenn sie damit besser Bescheid wussten als das Evangelium, die Maler und Bildhauer haben den biblischen Gedanken gut verstanden - und sie verstanden es, ihn sinnenfällig zu machen: Israels Gott will für alle Menschen das Heil. Im Messias Jesus strahlt Gottes Stern in alle Welt.

Gott ist groß

Gott ist so groß,
dass er es wohl wert ist,
ihn ein Leben lang zu suchen.

Teresa von Ávila

(Quelle: Messbuch 2009, Butzon & Bercker Verlag)