Der Münchner Kardinal Reinhard Marx fühlt sich durch US-Präsident Donald Trump an den Kinofilm "Der Pate" erinnert. Beim "Sonntags-Stammtisch" im Bayerischen Fernsehen verglich Marx die Lage in den USA mit einer Filmszene im ersten Teil der Trilogie: Darin kommt ein Kleinunternehmer zu Mafiaboss Don Vito Corleone, bittet ihn um Hilfe und küsst ihm anschließend den Ring. In den USA gehe derzeit eine "spezielle Form der Machtübernahme" vor sich, so Marx.
Siemens-Aufsichtsratschef Joe Kaeser sagte, man müsse nach dem Motiv hinter Trumps aggressiver Zollpolitik fragen. So gut wie alle Experten hielten sie für Unfug. Er befürchte, es sei ein "perfider Plan zum Machterhalt". Durch die steigende Inflation und die fallenden Aktienkurse würden Unternehmen gezwungen, den Präsidenten um Hilfe anzubetteln. Das werde dann zu einzelnen Deals führen und den Verfall der Demokratie befördern.
"Geht um eine autoritärere Gesellschaft"
Marx äußerte sich in diesem Zusammenhang "erschrocken, dass ein Mann solche Entscheidungen fällen kann". Es sei unglaublich, dass er sich dabei auf einen Notstand berufe. Dem Team hinter Trump um Vizepräsident J.D. Vance gehe es um eine autoritärere Form der Gesellschaft. Das sei eine Frage der Weltanschauung, genauso wie in Russland, wo Präsident Wladimir Putin, gestützt durch den Moskauer Patriarchen Kyrill, einen Heiligen Krieg gegen den Westen führe. "Europa soll gespalten werden, und das wird vielleicht sogar gelingen", meinte der Kardinal.
In den vergangenen Wochen habe der Erzbischof mit einem raschen Tod von Papst Franziskus gerechnet. Als er, Marx, sich bei einem Sturz Anfang März die rechte Schulter gebrochen habe, sei er für eine Operation ins Klinikum Großhadern gebracht worden, verriet er. In der Klinik habe er gesagt: "Also wenn jetzt ein Konklave ist, dann müsst ihr mich irgendwie zusammenzimmern. Da muss ich da sein, und wenn ich auf der Bahre hingebracht werde."
"Man muss noch mit mir rechnen"
Konklave heißt die Versammlung der Kardinäle, die nach dem Tod eines Papstes den Nachfolger wählt. Wahlberechtigt sind nur solche, die zu diesem Zeitpunkt noch keine 80 Jahre alt sind. Die Wahl findet hinter verschlossenen Türen in der Sixtinischen Kapelle im Vatikan statt. Cum clave heißt lateinisch so viel wie "mit dem Schlüssel eingeschlossen".
Befragt nach seinem aktuellen Gesundheitszustand sagte Marx: "Ich bin auf einem guten Wege. Man muss noch mit mir rechnen im Augenblick."
Vom Film "Konklave" begeistert
Der Münchner Erzbischof erzählte auch, was ihm am Kinofilm "Konklave" so gut gefallen habe. Dieser sei nicht auf oberflächliche Art kirchenkritisch gewesen, sondern sachlich und auch spannend. Obwohl mehr Kammerspiel als Actionfilm, habe er die absolute Aufmerksamkeit des Publikums auf sich gezogen. Es handle sich zwar um eine Fantasie. Letztlich spiele der Film aber durch, was passieren könne, wenn eine Papstwahl einmal nicht schon nach zwei Tagen erledigt sei wie in der jüngeren Vergangenheit.
Marx sagte: "Dann sieht das vielleicht so aus wie in dem Film, dass einzelne Gruppen sagen: Wo wollen wir eigentlich hin, wer steht für was? Wen müssen wir verhindern? Wer hat eine Intrige in Gang gebracht?" Aus der Kirchengeschichte sei bekannt, dass ein Konklave auch mehrere Wochen oder sogar ein Jahr dauern könne.
Kardinäle sollten sich häufiger treffen
Siemens-Aufsichtsratschef Joe Kaeser sagte in derselben Sendung, in einem Unternehmen sei die Planung der Nachfolge die "Königsdisziplin" der Personalpolitik. Das sei offenbar in der katholischen Kirche nicht so. Marx sagte dazu, er vermisse häufigere Treffen mit den anderen Kardinälen der Weltkirche. Außer miteinander Gottesdienst zu feiern, müsse es mehr Begegnungen geben, etwa bei gemeinsamen Mahlzeiten. "Das ist in den letzten Jahren nicht erfolgt, so dass sich viele gar nicht kennen." Das habe er so auch Papst Franziskus gesagt. Letztlich sei es am Papst, zu solchen Treffen einzuladen.