Kardinal Marx kritisiert Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge

Zu Gast im Asylbewerberheim

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat die langfristige Unterbringung von Flüchtlingen in Gemeinschaftsunterkünften kritisiert. Er forderte europaweite gemeinsame Standards und die Asylsozialberatung deutlich auszuweiten.

Kardinal Marx besucht eine Flüchtlingsfamilie (KNA)
Kardinal Marx besucht eine Flüchtlingsfamilie / ( KNA )

"Auf Dauer finde ich so eine Wohnsituation nicht akzeptabel", betonte Marx am Freitag beim Besuch eines Münchner Asylbewerberheims mit 168 Bewohnern. "Die Quartiere sind viel zu eng, mich bedrückt, wenn eine Familie mit vier Kindern in zwei Zimmern leben muss." Der Staat müsse für eine menschenwürdige Unterbringung sorgen und den Flüchtlingen Perspektiven geben, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Europaweit müssten angesichts steigender Flüchtlingszahlen gemeinsame Standards für Asylverfahren entwickelt werden.

"Wir werden mehr tun müssen und die finanziellen Mittel reichen nicht aus", sagte Marx bei seinem als pastoral deklarierten Besuch. Er forderte, die Asylsozialberatung deutlich auszuweiten. Es sei "für ein Land wie Bayern deprimierend", dass derzeit nur etwa die Hälfte aller Asylbewerber sozial beraten werde.

Der Kardinal unterhielt sich mit mehreren Familien, von denen viele schon seit mehr als zehn Jahren in Gemeinschaftsunterkünften leben. Marx berichtete, mittlerweile seien in Pfarrhäusern und anderen Gebäuden im Erzbistum München und Freising Unterkünfte für 535 Flüchtlinge bereitgestellt worden. "Es gibt eine positive Grundhaltung in den Pfarreien gegenüber Flüchtlingen", so der Geistliche.

"Damit wird jegliche Integration verhindert"

Die meisten Bewohner aus 23 Ländern gelten als geduldet und dürfen arbeiten, unterliegen aber einer Residenzpflicht. Der Geschäftsführer der Münchner Stadt-Caritas, Norbert Huber, erklärte, generell fänden Asylbewerber schwer bezahlbaren Wohnraum. Familien, die nicht zum Leben in der Unterkunft verpflichtet seien, könnten aufgrund des angespannten Münchner Wohnungsmarkts nur selten ausziehen. "Damit wird jegliche Integration verhindert", sagte Huber.

Für Marx, der von Diözesan-Caritasdirektor Hans Lindenberger und dem oberbayerischen Regierungspräsidenten Christoph Hillenbrand begleitet wurde, war es der erste Besuch einer Gemeinschaftsunterkunft. Der Erzbischof, der sich schon länger politisch und innerkirchlich für Flüchtlinge einsetzt, hatte aber bereits zweimal ein Haus der Caritas für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge besucht.


Kardinal Marx besucht eine Flüchtlingsfamilie (KNA)
Kardinal Marx besucht eine Flüchtlingsfamilie / ( KNA )

Kardinal Marx besucht eine Flüchtlingsfamilie (KNA)
Kardinal Marx besucht eine Flüchtlingsfamilie / ( KNA )
Quelle:
KNA