Kardinal Adrianus Simonis wird 80

Konservativ und pflichtbewusst

"Als Kirche des Herrn machen wir eine schwere Zeit durch", meinte Kardinal Adrianus Simonis, als er im Januar 2008 das Amt des Erzbischofs von Utrecht an seinen Nachfolger übergab. Der niederländische Kirchenmann, der am Samstag 80 Jahre alt wird, dürfte an seiner Einschätzung von damals nichts geändert haben. Dennoch blieb und bleibt er hoffnungsvoll.

Autor/in:
Christoph Lennert
Kardinal Adrianus Simonis (KNA)
Kardinal Adrianus Simonis / ( KNA )

Rund vier Jahrzehnte hatte Simonis das kirchliche Leben in den Niederlanden geprägt. Als er Bischof wurde, war er gerade einmal 39 Jahre alt: Es ist vier Jahrzehnte her, dass der niederländische Kirchenmann 1971 die Bistumsleitung von Rotterdam übernahm. Die Entscheidung von Papst Paul VI. für den akademisch geprägten und konservativen Priester stieß selbst bei Bischöfen des Landes auf Vorbehalte. In der Bevölkerung auch: Überliefert sind Protestrufe wie "Simonis, go Rome".



Die Kirchenprovinz mit ihren eigenen Vorstellungen über den Weg der Kirche in der modernen Gesellschaft beanspruchte in den bewegten 60er Jahren das Vorrecht, selbst die bischöflichen Kandidaten benennen zu können. Der Vatikan sah dagegen die Notwendigkeit, in der eigenwilligen und zerstrittenen Region die zentrale Autorität durchzusetzen.



Auch die Entscheidung von Johannes Paul II., Simonis zum Nachfolger von Kardinal Johannes Willebrands 1983 zum Erzbischof von Utrecht zu ernennen, blieb nicht unkommentiert. In der stark polarisierten Kirche der Niederlande gab es Proteste und Unruhe. Sie brachen massiv auf, als Johannes Paul II. 1985 die Niederlande besuchte. Die Visite sei "total missglückt" gewesen, urteilte Simonis in einem TV-Interview zu seinem Abschied mit Blick auf die Ausschreitungen, die den Besuch begleiteten.



Hoffnung auf die Jugend

"Heute werden Sie überall im Land geschätzt", sagte der Utrechter Weihbischof Gerardus de Korte 2008 zum Abschied Simonis" aus dem Amt. In der Tat: Von den Spannungen, die die niederländische Kirche im 20. Jahrhundert prägten, ist nicht mehr viel zu spüren. Probleme aber bleiben. Viele Katholiken kehrten ihrer Kirche den Rücken, die Zahl der Priester ging stark zurück. Simonis richtet die Hoffnung auf die Jugend und ihre Suche nach "Wahrheit". Kompromisse bei zentralen, aber inzwischen als unbequem empfundenen Aspekten des Glaubens lehnt der Kardinal ab.



Simonis entstammt einer Zahnarzt-Familie mit elf Kindern und wuchs in Lisse im Zentrum der niederländischen Blumenzwiebel-Industrie auf. An der päpstlichen Universität schloss er 1966 ein siebenjähriges Studium der Bibelexegese ab. Als Erzbischof von Utrecht übernahm er 1983 auch das Amt des Vorsitzenden der Niederländischen Bischofskonferenz. 1985 wurde er in den Kardinalsrang erhoben.



Unter Simonis" Führung hat die Kirche in den Niederlanden deutlich Partei gegen politische Entwicklungen ergriffen, mit denen sich das Land von christlichen Grundsätzen entfernte. So protestierte die Kirche nachdrücklich gegen das weltweit erste Gesetz zur Legalisierung der aktiven Sterbehilfe, gegen Liberalisierungen beim Schwangerschaftsabbruch, gegen die Zulassung von standesamtlichen Eheschließungen für gleichgeschlechtliche Paare und gegen den Abbau von Rechten von Asylbewerbern.



Zu vertrauensselig

Als in den vergangenen Jahren auch in den Niederlanden Fälle von Kindesmissbrauch durch Geistliche an die Öffentlichkeit kamen, wurde auch Simonis" Amtsführung durchleuchtet. Dass Simonis einem Priester eine neue Pfarrstelle gab, der zuvor wegen Missbrauchs verurteilt worden war, sorgte in den Niederlanden für Unruhe. Der Kardinal rechtfertigte sich damit, psychologische Gutachten hätten ergeben, der Mann stelle keine Gefahr mehr dar. Der Geistliche wurde dennoch rückfällig. Simonis sagte, er sei zu vertrauensselig gewesen.



In der niederländischen Öffentlichkeit ist Simonis, körperlich und geistig noch ganz auf der Höhe, keine prägende Gestalt mehr.

Innerkirchlich unterlässt er es, die Positionen seiner Amtsbrüder zu kommentieren. Dennoch hat sich Simonis, der auch im Ruhestand viele seiner Wege mit dem Fahrrad zurücklegte, nicht aus dem kirchlichen Leben zurückgezogen, sondern ist bei kleineren und größeren Anlässen weiter präsent.