Kapitelsamt im Kölner Dom - Mädchenchor am Kölner Dom wird "volljährig"

30. Sonntag im Jahreskreis

domradio.de übertrug am 30. Sonntag im Jahreskreis, zugleich der Weltmissionssonntag, das Kapitelsamt mit Domdechant Johannes Bastgen aus dem Kölner Dom. Der Mädchenchor am Kölner Dom sang unter der Leitung von Domkantor Oliver Sperling die "Missa beatae Virginis" in D-Dur von Siegfried Strohbach. Mit diesem Gottesdienst beging der Mädchenchor seinen 18. "Geburtstag".

 (DR)

Fragt man streitende Kinder nach der Ursache des Streits, sind meist beide fest überzeugt, Recht zu haben. Bei streitenden Erwachsenen ist das oft ähnlich. Wir nehmen die Sache nur aus dem eigenen, subjektiven Blickwinkel wahr. Schon aus Selbstachtung neigen wir dazu, von der eigenen Anständigkeit überzeugt zu sein und bei uns selbst nur lautere Absichten zu vermuten. Wir haben gut funktionierende Entschuldungsmechanismen. Das klingt vorteilhaft. Aber was uns an der Einsicht in unsere Schuld hindert, behindert zugleich die Möglichkeit der Vergebung.

Erste Lesung
Recht haben und Recht bekommen sind nicht dasselbe. Das spüren gerade Arme häufig schmerzlich. Sie sind vielleicht weniger gewandt im Auftreten und Reden, sie können sich keine Staranwälte leisten und sind nicht ausreichend informiert, wie sie ihr Recht einklagen können. In manchen Situationen werden sie gar nicht angehört oder ernst genommen. Das beginnt nicht erst bei Gericht, sondern schon im Alltag, in Arztpraxen oder Amtsstuben. Zur Zeit Jesus Sirachs ist diese Ungleichheit dadurch verschärft, dass den Armen die Schuld an ihrer Situation selbst angelastet wird. Gott - so sagt Jesus Sirach - sieht das nicht so. Zu ihm dringen die Suche und die Rufe des Armen nach Recht. Er wird eingreifen und Recht schaffen.
Zweite Lesung

Der Brief an Timotheus stellt der christlichen Gemeinde ein Vorbild für christliches Sterben vor Augen. Paulus weiß, dass sein Ende naht. Er hat für eine gute Sache gekämpft und im augenscheinlichen Scheitern vertraut er darauf: Der Herr wird mich allem Bösen entreißen, er wird mich retten und in sein himmlisches Reich führen. Der Apostel denkt dabei nicht mehr an eine Abwendung der äußeren Gefahren, sondern er vertraut darauf, dass er im Scheitern und durch den Tod hindurch gerettet wird.


Evangelium

Der Pharisäer ist ein wirklich frommer Mann. Er tut Gutes, bemüht sich um die Schrift. Es geht ihm nicht um Äußerlichkeiten. Sein Gebet ist leise wie ein Selbstgespräch. Unwillkürlich vergleicht er sich mit dem Zöllner, der auch den Tempel besucht, und damit steht er ja ganz gut da. Unterscheidet sich dieser Beter wirklich so sehr von uns, wenn wir uns einem Obdachlosen, einer Alkoholikerin, einem  Drogenabhängigen gegenübersehen? Vielleicht hat der Fromme ehrlich Mitleid mit dem Zöllner. Aber dass er sich mit ihm vergleicht, statt seine Augen auf die Heiligkeit Gottes zu richten, verstellt ihm den Blick dafür, dass auch er Verzeihung braucht. Er steht sich damit selbst im Weg.

Ganz anders der Zöllner: Seine Schuld ist so eindeutig, dass er nur noch bedingungslos um Vergebung bitten kann. Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass es kaum möglich ist, einem anderen zu vergeben, wenn er oder sie die Schuld nicht einsieht. Einem Gegenüber, das ehrlich um Verzeihung bittet, dem es wirklich Leid tut, können wir leichteren Herzens vergeben.