Kapitelsamt aus dem Kölner Dom - Predigt in Bild und Ton

Sechster Sonntag im Jahreskreis

domradio.de übertrug am 6. Sonntag im Jahreskreis das Kapitelsamt mit Domkapitular Prälat Dr. Günter Assenmacher aus dem Hohen Dom zu Köln. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst von dem Vokalensemble des Kölner Doms unter der Leitung von Eberhard Metternich. Hören und sehen Sie hier die Predigt.

 (DR)

„Weißt du es oder glaubst du es nur?" Alltagssprachlich heißt glauben so viel wie: vermuten, nicht sicher wissen. Doch wenn jemand zu mir sagt: Ich glaube dir, oder gar: Ich glaube an dich, dann steht viel mehr im Raum, nämlich ein großes Ja. Ich vertraue dir; ich traue dir etwas zu. Nur in einer Beziehung zwischen zwei Personen ist ein solcher Satz möglich. Auch unsere Beziehung zu Gott fassen wir mit dem Wort „glauben" zusammen. Glauben ist hier keine schwache Form des Wissens, sondern bezeichnet eine persönliche Beziehung, die von tiefem Vertrauen gekennzeichnet ist. Ich glaube an Gott - das bedeutet: Ich traue Gott. Ich vertraue Gott. Ich berge mich in Gott. Ich lasse mich auf Gott ein. Ich mache mich in Gott fest. Das immer neue Sich-in-Gott-Festmachen, das unser Glaube ist, verlangt immer neue Aufbrüche. Glaube lässt sich nicht erzwingen. Der Schritt ins Gottvertrauen, aber auch die Ablösung von dem, was unser Leben nicht trägt, ja uns ums Leben betrügt, setzt Freiheit voraus. Doch zugleich machen Glaubende die Erfahrung: Glaube ist Gnade; ohne Gottes Zutun bliebe die Tat des Menschen ungetan.

Kyrie-Rufe
Herr Jesus Christus, du Grund und Ziel unseres Vertrauens.
Du bist von den Toten auferweckt worden als der Erste der Entschlafenen. Du preist die Armen und Notleidenden selig.


Erste Lesung
Jeremia spricht von zwei Möglichkeiten, sein Leben zu leben. Man kann sich auf Adam verlassen. Adam, dieses Wort meint hier das Menschliche in seiner Hinfälligkeit und Vergänglichkeit. Und man kann auf Gott vertrauen. Wer auf menschliche Stärke baut, wer an Erfolg, Sicherheit, Tüchtigkeit, Vermögen, Durchsetzungsfähigkeit glaubt, vertraut sich Götzen an. Der Erfolgsgläubige kann keine tief reichenden Wurzeln entwickeln. Sein Lebenskonzept wird scheitern. Wer aber mit Gott vertraut ist und wer Gott vertraut, wächst in die Tiefe. Kräftige Wurzeln graben sich ins Erdreich, geben Halt und versorgen uns mit allem, was ein Mensch zum Leben braucht. Wir sind eingeladen, den Weg des Vertrauens zu gehen - mit einem Gott und zu einem Gott, der bleibt und der den Menschen eine Bleibe gibt.

Zweite Lesung
Hieb- und stichfest beweisen lässt sich die Auferstehung nicht. Keine wissenschaftliche Untersuchung kommt hier jemals ans Ziel. Doch der Auferstehungsglaube ist keine Illusion. Er ist nicht nur so vertrauenswürdig wie die Jüngerinnen und Jünger, die ihn uns übergeben haben. Er ist so verlässlich wie der Gott des Lebens.

Evangelium
In der „Feldrede" des Lukas stehen vier Seligpreisungen vier Weherufen gegenüber. Jesus spricht von Chancen - und von Gefahren. Das Erste und Wichtigste ist der Zuspruch an alle, wirklich alle, die Zuspruch brauchen. Den Armen gehört das Reich Gottes - das ist für Jesus keine Zukunftsmusik, sondern Gegenwart (vgl. das Evangelium vom 21. Januar). Es gibt aber auch Zuhörer, denen Jesus seine Botschaft dadurch nahe bringt, dass er sie herausfordert, ja mit deutlichen Worten vor den Kopf stößt. Jesus ermutigt Mutlose und stützt Gestürzte, doch er unterstützt Menschen auch mit prophetischer Kritik. Er besitzt beide Gaben und beide Gaben werden gebraucht. Auch die Kirche sollte das eine und das andere in sich wachsen lassen: Sensibilität für alles Versehrte, die Unbedingtheit des Helfenwollens - und gegen alle lebensfeindlichen Mächte den Mut zum Nein, die Kraft der Kritik.